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eine nicht gerechtfertigte schuldhafte Abweichung behaupten, so
können sie doch nicht ihrer Meinung ohne Weiteres eine rechtliche
Wirkung geben. Liegt die Sache so, daß die angegriffene Hand—
lung Wirkungen im folgenden Budget hervorbringt, so kann mög—
licherweise diesen die Bewilligung versagt werden, und es treten
dann eben die Folgen einer solchen ein. Dagegen können sie nicht
etwa als Kläger vor dem Civilgericht auftreten, um eine Ersatz-
sorderung gegen den schuldigen Minister geltend zu machen; nur der
Vertretung des Fiscus kommt dieses Recht zu. Ebensowenig kommt
ihnen eine rechtliche Macht gegenüber dem Strafgericht zur Herbei-
führung seines Einschreitens gegen die Schuldigen zu. Dagegen
haben sie alle unten § 30 darzulegenden Rechte auch für diese Fälle.
Sämmtliche Einnahmen und Ausgaben sind zu buchen und
jede Casse hat Rechnung zu stellen, und zwar je für das Kalender-
jahr. Diese Jahresrechnungen unterliegen sämmtlich der Revision
oder Superrevision durch die Oberrechnungskammer; die Justifi-
cation kommt theils ihr, theils den einzelnen Rechnungsexpe-
ditionen zu. Die Oberrechnungskammer (die „oberste Rechnungs-
behörde“ des § 107) wurde 1707 als „Oberrechenkammer“ für
das landesherrliche Rechnungswesen eingesetzt, 1734 als Depu-
tation eingerichtet unter dem Namen „Oberrechnungsdeputation,“
als welche sie in den konstitutionellen Staat zur Prüfung der
Staatscassenrechnungen überging, durch Königl. VO. v. 15. Febr.
1842 wieder selbständig besetzt und als „Oberrechnungskammer“
unmittelbar unter das Gesammtministerium gestellt. Durch Königl.
VO. vom 4. April 1877 erhielt sie ihre jetzige Einrichtung und
Aufgabe. Die Oberrechnungskammer ist eine dem Gesammtmini-
sterium unmittelbar untergeordnete, den einzelnen Ministerial-
departements gegenüber selbständige Behörde“ (§ 2). Die Prü-
fung der Rechnungen durch die Oberrechnungskammer ist nicht
blos eine formelle und calculatorische; sie richtet sich darauf, „ob
nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften unter genauer
Beachtung der maßgebenden Verwaltungsgrundsätze, verfahren
worden ist,“ ferner darauf „ob und wo nach den aus den Rech-
nungen zu beurtheilenden Ergebnissen der Verwaltung im finan-
ziellen Staatsinteresse Abänderungen nöthig oder rathsam erschei-
nen“ (88 12, 19).