Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

— 245 — 
Abschnitts ausmacht. Sodann schließt die Ständische Einrichtung 
selbst eine Verfassungsgefahr in sich, den Verfassungsstreit zwischen 
Regierung und Ständen, dessen Ueberwindung zu sichern der 
achte Abschnitt sich gleichfalls als Aufgabe stellt. Beide Punkte 
hängen aufs Engste zusammen und gehen in einander über. 
(D Verantwortlichkeit bedeutet, daß jedes Geschehen, das 
durch einen Willen verursacht ist, diesem Willen auf die Rechnung 
zu setzen ist. Das öffentliche Organ muß für seine Handlungen 
und Unterlassungen einstehen; es ist verpflichtet, wegen der- 
selben Rede zu stehen und sie zu rechtfertigen, und es muß die 
es selbst betreffenden Wirkungen hinnehmen, welche das Recht an 
seine Handlungen knüpft. Die Verfassung spricht in § 42 ganz 
allgemein die Verantwortlichkeit aller Staatsdiener für ihre Dienst- 
leistungen aus. Daß hierbei Staatsdiener im weitesten Sinne 
zu verstehen sind, und daß unter Dienstleistung auch die Unter- 
lassung einer Dienstpflicht begriffen ist, wird nicht zu bezweifeln 
sein. Wirklich zur Verantwortung gezogen wird ein öffentliches 
Organ immer nur wieder durch ein öffentliches Organ, selbst 
dann, wenn der Gegenstand der Verantwortung die Verletzung 
einer dritten Person ist. Die Verantwortlichkeit ist eine civil- 
rechtliche, strafrechtliche, disciplinäre, was hier nicht weiter zu 
verfolgen ist. 
Das Staatsdienergesetz von 1835 § 7 hat die Uebertragung 
der Verantwortlichkeit eines Organs auf ein anderes zugelassen. 
„Die dem Staatsdiener obliegende Beobachtung der Staatsver- 
fassung berechtigt keinen Diener, die Anordnungen seines Vorge- 
setzten, deren Uebereinstimmung mit der Verfassung und den Ge- 
setzen ihm zweifelhaft dünkt, bei Seite zu setzen; vielmehr hat er 
denselben ohne Verzug nachzugehen, und es bleibt ihm unbe- 
nommen, sein diesfallsiges Bedenken der vorgesetzten Behörde 
anzuzeigen. Er kann daher solchenfalls wegen Befolgung der 
Anordnung nicht zur Verantwortung gezogen werden, vielmehr 
trifft die Verantwortlichkeit denjenigen, der die Anordnung ertheilt 
hat.“ Für unzweifelhafte Verfassungs= und Gesetzesverletzungen 
bleibt also der Staatsdiener verantwortlich, auch wenn sie ihm 
von der vorgesetzten Behörde befohlen sind, die ihrerseits gleich- 
falls für ihren Besehl verantwortlich ist. Der Staatsdiener hat
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.