Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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in diesem Fall dem Befehl nicht zu gehorchen, ohne erst Bedenken 
zu äußern, was ihn von seiner Verantwortlichkeit gar nicht ent— 
binden könnte. Ist aber die Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit 
einer höheren Anordnung zweifelhaft, dann kann der Staatsdiener 
diesen Weg der Bedenkenäußerung einschlagen und dadurch seine 
Verantwortung abwälzen; schlägt er ihn nicht ein, so bleibt er 
verantwortlich trotz der im Gesetz ausgesprochenen Pflicht der 
Folgeleistung. Man gelangt mit Nothwendigkeit zu diesem Schluß, 
dessen Richtigkeit übrigens auch durch die Geschichte des § 7 be- 
stätigt wird. Natürlich kann erst durch die nachfolgende Unter- 
suchung und Entscheidung der Sache festgestellt werden, ob der 
Staatsdiener die Rechtswidrigkeit des Befehls als unzweifelhaft 
erkennen mußte, oder darüber im Zweifel sein konnte. 
Uebrigens betrifft die rechtliche Verantwortlichkeit nicht blos 
die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Angemessenheit der Hand- 
lung. Eigene Initiative und freies Ermessen sind nicht gleich- 
bedeutend mit Willkür. Die Schwierigkeit, die sich hierbei ergiebt, 
betrifft nur die Art der Geltendmachung und die Wirkungen. 
Mindestens ist diese Seite der Verantwortlichkeit in der Aufsicht 
mit eingeschlossen. 
(2 Die Minister sind gleichfalls nach den vorstehenden Grund- 
sätzen verantworklich; sie fallen mit unter § 42 der Vll. Ueberwälzen 
können sie ihre Verantwortlichkeit niemals. Die Verantwortlich- 
keit für die Angemessenheit der Handlung tritt bei ihnen beson- 
ders stark hervor, weil ihre Initiative und der Kreis ihres freien 
Ermessens besonders groß ist. 
Nur Ein Organ des Staats ist rechtlich nicht verantwortlich 
und kann von keinem andern staatlichen Organ zur Verantwortung 
gezogen werden, der Regent. Zwar sagt dies die Verfassung nicht 
ausdrücklich. Es ergiebt sich aber indirect aus den Vorschriften 
über die Ministerverantwortlichkeit, direct aus der Souveränetät, 
Heiligkeit und Unverletzlichkeit des Monarchen Vll. 8 4. Der 
Regierungsverweser steht auch in dieser Hinsicht dem König gleich, 
so lange er regiert; er kann aber auch nach Beendigung der Re- 
gierungsverwesung nicht zur Verantwortung gezogen werden, so 
wenig als ein vom Throne zurückgetretener König. Dagegen ist 
der beauftragte Stellvertreter des Königs verantwortlich.
	        
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