Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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den sich 8 110 Abs. 2 ausdrücklich beruft, der Minister auch für 
die Zweckmäßigkeit der Regierungshandlung verantwortlich wird. 
Daß die Minister nicht blos im Gebiet der Verwaltung, sondern 
auch in dem der Rechtspflege verantwortlich sein sollen, ist natürlich 
nur im Sinne der den Ministern hinsichtlich der Rechtspflege zu- 
stehenden Aufgaben zu verstehen. 
Hiermit ist also den Ständen ein Recht der Beschwerde gegen 
die Minister im weitesten Umfang eingeräumt; jede Regierungs- 
und Verwaltungshandlung (oder Unterlassung) fällt darunter und 
nicht blos nach der Seite der Rechtmäßigkeit, sondern auch nach 
der der Zweckmäßigkeit. Dabei bleibt es im Allgemeinen ganz 
gleichgiltig, ob die Handlung des Ministers an Handlungen unter- 
geordneter Organe sich anschließt oder nicht. Wenn der Fehler 
des Ministers in der Vernachlässigung seiner Aufsichts= und Lei- 
tungsaufgabe besteht, so kann auch dies der Gegenstand einer 
Ständischen Beschwerde sein. 
Die den Ministern untergeordneten Organe werden den 
Ständen gar nicht unmittelbar verantwortlich und die Beschwerde 
der Stände erstreckt sich nicht selbständig auf ihre Handlungen. 
Abs. 3 des § 110 steht diesem Satz nicht im Weg, sondern be- 
stätigt ihn. Uebrigens ist Abs. 3 sehr unklar. Was sollen grobe 
Vernachlässigungen sein? es kann doch nur darauf ankommen, ob 
die Stände sie für stark genug halten, um deshalb sich zu be- 
schweren. Auch was „sonst die gesetzlichen Vorschriften“ sein sollen, 
ist nicht klar. 
8 110 der VU. sagt nicht, an wen diese Ständische Beschwerde 
sich wendet; es kann aber nur der König sein. Somit ist eine 
Beschwerde denkbar an den König wegen königlicher Regierungs- 
handlungen. In der That muß diese Consequenz des constitutio- 
nellen Systems zugelassen werden; es ist die Appellation von dem 
nicht gut berathenen an den besser zu berathenden König. Die 
Königliche Entschließung und ihr rechtlich möglicher Inhalt richtet 
sich nach dem Gegenstand; die Verfassung schweigt auch darüber 
und man darf nicht an eine besondere, nicht schon in der Ver- 
fassung ohnehin begründete, Ermächtigung denken. Daß der König 
den Ständen eine Antwort zu geben habe, ist auch nicht gesagt. 
In dieser Hinsicht ist entweder § 113 der Vll. (s. o.) anzuwenden,
	        
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