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Ständen die Verletzung eines bestimmten Punktes der Verfassung,
eines namhaft zu machenden Satzes der Verfassung, behauptet
werden. Die Verfassungsbeschwerde kann nur in gemeinschaft-
lichem Antrag beider Kammern erhoben werden (Vorberathung
durch eine Deputation § 15, namentliche Abstimmung § 20 der
Landtagsordnung).
Die Verfassungsbeschwerde wird an den König gerichtet; das
Recht der Stände ist also auch hier nur ein Theil ihres Kontroll-
rechts; Beschwerdeinstanz sind die Stände nicht.
Die Verfassungsverletzung, welche den Gegenstand der Be-
schwerde bildet, kann von den Ministern oder von anderen Staats-
behörden ausgegangen sein. Aber auch hier muß der Gedanke
einer unmittelbaren Verantwortlichkeit untergeordneter Staats-
behörden gegenüber den Ständen ausgeschlossen werden; nur die
Minister sind den Ständen verantwortlich VU. § 41; sie aber
können es auch für Verfassungsverletzungen andrer Staatsbehörden
werden. Es ist nemlich von vornherein klar, daß, wenn nach
Ansicht der Stände eine andere Staatsbehörde die Verfassung ver-
letzt hat, die Stände vernünftigerweise erst dann eine Beschwerde
erheben können, wenn es darüber zur Verhandlung gekommen ist
und hierbei der Minister sich mit der betreffenden Staatsbehörde
identifizirt hat, statt Abhilfe zu gewähren. Daß die Unterord-
nungs= und Disciplinarverhältnisse durch das Recht der Stände
durchbrochen werden wollen, läßt sich nicht annehmen.
Der König wird einer solchen Beschwerde sofort abhelfen,
wenn kein Zweifel an der Verfassungsverletzung besteht. Dies
setzt voraus, daß entweder der Minister selbst die Hinwegräumung
der Beschwerde übernimmt, oder daß er entlassen wird und ein
Anderer an seiner Stelle dies thut. Hat aber der König Zweifel,
so muß er die Sache durch das Gesammtministerium oder die
oberste Justizstelle erörtern lassen. Eben das muß aber offenbar
auch geschehen, wenn der König die Beschwerde für unzweifelhaft
unbegründet hält. Denn der Zweck des § ist nicht der, eine
zweifelhafte Rechtsfrage zur Entscheidung zu bringen, sondern die
Möglichkeit auszuschließen, daß der König ohne Weiteres den
Minister halte und die Beschwerde abweise; auch diese Beschwerde