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kann gegen ministeriell contrasignirte Regierungshandlungen des
Königs gerichtet sein.
Unter der obersten Justizstelle kann nicht der Staatsgerichts-
hof gemeint sein, sondern das höchste ordentliche Gericht, das
hierdurch eine besondere verfassungsmäßige Aufgabe erhält. Wird
die Sache vom König an das Gesammtministerium gewiesen, so
hat dieses dem König nur ein Gutachten zu geben; die Verfügung
auf die Beschwerde ist freie Sache des Königs. Das oberste Ge-
richt dagegen hat „zugleich die Sache zu entscheiden“ d. h. die
rechtliche Ansicht desselben ist für den König bindend. Ob der
König in diesem Fall auch der Form nach nicht selbst entscheidet,
oder ob er nur die Entscheidung des Gerichts als seine Entschei-
dung geben muß, sagt § 140 nicht. Der Erfolg der Untersuchung
des Gesammtministeriums und des Gerichts ist aber jedenfalls
den Ständen zu eröffnen; es wird auch nicht zu bezweifeln sein,
daß diese Eröffnung in beiden Fällen vom König ausgeht.
§ 140 sagt, die Wahl zwischen Gesammtministerium und
höchstem Gericht für die Erörterung einer Verfassungsbeschwerde
richte sich „nach der Natur des Gegenstands“. Was dies eigentlich
heißen soll, ist schwer zu sagen. Es kommt aber rechtlich nicht
darauf an. Denn die Entscheidung über diesen Punkt kommt
lediglich dem König zu.
In beiden Fällen handelt es sich zunächst um das Urtheil
darüber, ob eine Verfassungsverletzung vorliegt. Weiterhin aber,
wenn dies der Fall ist, ist Abhilfe zu schaffen. Die hierauf ge-
richtete Verfügung oder Veranlassung gehört in allen Fällen der
Königlichen Initiative an. Das oberste Gericht könnte weder auf
seine allgemeine Competenz, noch auf § 140 der Vl. eine Be-
fugniß zur Beschließung gerichtlichen oder disciplinären Ein-
schreitens oder eine politische Maßregel begründen. Die am
nächsten gelegene Maßregel ist, wenn das Urtheil gegen den
Minister ausfällt, seine Entlassung. Rechtlich nothwendig würde
sie aber doch nur, wenn der Minister die Beschwerde hinweg-
zuräumen sich weigern würde. Ob und welche andere Verfüg-
ungen nöthig werden, hängt von der Beschaffenheit des concreten
Falles ab.
(6) Die Stände haben weiter das Recht, einen Minister wegen