Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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Das Verfahren ist theils durch 88 146, 147 der VU. theils 
durch das Gesetz vom 3. Febr. 1838 geordnet. Hervorzuheben ist 
der streng durchgeführte Dualismus zwischen Königlichen und 
Ständischen Richtern. Die Untersuchung wird von einem Königl. 
und einem Ständ. Mitglied geführt; von den beiden aufzustellenden 
Referenten muß gleichfalls der eine ein Königl., der andere ein Ständ. 
Richter sein; bei jedem Beschluß müssen ebenso viele Mitglieder 
der einen als der anderen Kategorie vorhanden sein (ohne den 
Präsidenten); unter 10 darf aber die Zahl der Richter nicht 
sinken. Der Präsident hat keine Stimme; im Fall der Stimmen— 
gleichheit entscheidet die für den Angeklagten günstigere Meinung. 
Die Strafbefugniß des Staatsgerichtshofs begreift nur aus- 
drückliche Mißbilligung des Verfahrens und Entfernung vom Amt. 
Das Erkenntniß des Staatsgerichtshofs wird im Plenum 
durch den Präsidenten publizirt Gesetz v. 1838 § 20. 
Das einzige gegen das Urtheil des Staatsgerichtshofs zu- 
stehende Rechtsmittel ist die Berufung auf ein anderweites Er- 
kenntniß desselben. Der Staatsgerichtshof wird in diesem Fall 
um zwei Mitglieder verstärkt. An die Stelle eines Königl. bezw. 
Ständ. Referenten bezw. Correferenten tritt ein Ständischer bezw. 
Königlicher. 
Das Königliche Abolitionsrecht fällt hins. der Ministeranklagen 
weg; das Begnadigungsrecht darf der König „nie dahin aus- 
dehnen, daß ein in die Entfernung vom Amt Verurtheilter in 
seiner bisherigen Stelle gelassen oder in einem andern Justiz- 
oder Staatsverwaltungsamt angestellt werde“, wenn das Erkennt- 
niß nicht die Wiederanstellung ausdrücklich vorbehält. (Die Fassung 
des § 150 der Vl. erklärt sich daraus, daß derselbe fast wörtlich 
der Württ. Verfassung entnommen ist, in welcher er diese Fassung 
darum erhalten hatte, weil auch andere Staatsdiener als die 
Minister vor dem Staatsgerichtshof angeklagt werden können). 
Die Regierung kann über das Verfahren vor dem Staats- 
gerichtshof nicht durch Auflösung der Stände hinwegkommen; 
denn in diesem Fall dauert der am Ende des letzten ordentlichen 
Landtags bestellte Staatsgerichtshof fort; und wenn die Auflösung 
erst während des Prozesses erfolgt, so wird dieser hierdurch nicht 
unterbrochen Vll. § 143, Gesetz v. 1838 § 42.
	        
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