Full text: Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen.

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Auch hat die freiwillige Resignation des Angeklagten auf 
das eingeleitete Verfahren und den Urtheilsspruch keinen Einfluß 
(das noch nicht eingeleitete Verfahren kann also durch Resignation 
abgewendet werden). Eben das muß auch von der nicht gesuchten 
Entlassung durch den König gelten. 
Zur Ergänzung ist noch Folgendes hinzuzufügen: die Stellung 
des Ministers wird durch die Ministeranklage und das Prozeß- 
verfahren bis zum Erkenntniß gar nicht berührt. Der Staats- 
gerichtshof kann keinen Zwang gegen ihn ausüben. Antwortet 
er auf die Anklage nicht, so wird angenommen, er habe die ihm 
beigemessenen Thatsachen eingeräumt; ebenso wenn er die ihm vom 
Gerichtshof vorgelegten besonderen Fragen nicht beantwortet; 
ebenso wird ein Anerkenntniß angenommen, wenn er sich nicht 
über die Aechtheit einer Urkunde, die in Zweifel gezogen wird, 
erklärt, oder dieselbe eidlich ablehnt; ebenso wird die Verweigerung 
der Edition einer Urkunde oder die Nichtleistung des Editions- 
eides als Zugeständniß dessen angesehen, was durch die Urkunde 
bewiesen werden soll Gesetz von 1838 8S8 28, 30, 36, 37, 38. 
Ist gegen den Angeklagten nur Mißbilligung erkannt, so ändert 
das an sich nichts in seiner amtlichen Stellung; es können aber 
in diesem Fall weitere Verfügungen nöthig werden; dies ist Sache 
des Königs und bezw. der Uebereinstimmung des Königs und 
des Ministers. Wird im Urtheil des Staatsgerichtshofs die Ent- 
lassung ausgesprochen, so ist der Verlust des Amts die unmittel- 
bare Wirkung des Urtheils. Daraus würde sich ergeben, daß 
der Minister in diesem Fall auch keinen Anspruch auf die Minister- 
pension hat, weil diese nach der Staatsdienergesetzgebung ihm nur 
zukommt, wenn er vom König entlassen wird s. o. § 19 III. 
Daß dieser Schluß im Sinne der Verfassung sei, ist zweifelhaft. 
Die Kosten des Prozesses hat auch bei einer Verurtheilung die 
Staatscasse zu tragen. 
Die Stände sind nicht selbst Richter, sondern nur Ankläger 
der Minister; ihr Anklagerecht ist ein Ausfluß ihres Kontroll- 
rechts. Die Ministerverantwortlichkeit ist also auch in diesem 
Fall nicht in die Macht der Stände gegenüber dem Minister ein- 
geschlossen; sie veranlassen nur das Auftreten einer anderen Macht. 
Die Stände sind niemals verpflichtet, die Ministeranklage zu 
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