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drittes besonderes Gesetz hinsichtlich derselben gegeben. Die jetzige
Gemeindegesetzgebung ist enthalten in drei Gesetzen vom 24. April
1873: der revidirten allgemeinen Städteordnung (StO. J für die
St. I), der Städteordnung für mittlere und kleine Städte
(St O. II für die St. II) und der revidirten Landgemeindeordnung
(LG. für die LG.).
Die Landgemeindeordnung gilt für alle Gemeinden, die nicht
als Städte ausdrücklich anerkannt sind (die jetzige Zahl der Städte
ist 143) LG. 8 1. Zunächst waren die Städte historisch ge-
geben. Wegen des Uebertritts einer Landgemeinde in die Reihe
der Städte oder umgekehrt ist eine ausdrückliche Gesetzesbestimmung
nicht vorhanden. Nach der (wohlbegründeten) Praxis erfordert
die Erhebung einer Landgemeinde zur Stadt außer dem Willen
der Gemeinde selbst eine Königliche Entschließung. Und ebendas
würde auch für den umgekehrten Fall erforderlich sein. Wegen
Errichtung neuer Landgemeinden, Vereinigung mehrerer Land-
gemeinden oder einer Landgemeinde mit einer Stadt s. St O. J
98 7, 8.
Die Wahl der Städteordnung wurde bis zum 1. Oktober
1873 den Städten selbst überlassen. Städte mit wenigstens
6000 Einwohnern wurden, wenn sie sich bis zu diesem Termine
nicht erklärten, der Städteordnung I unterstellt; von den Städten
unter dieser Einwohnerzahl war wohl unter derselben Voraus-
setzung anzunehmen, daß sie Städte II sein wollen. Vom 1. Okto-
ber 1873 an bedurfte und bedarf der Uebertritt von einer Städte-
klasse zur andern der Genehmigung des Ministeriums des Innern.
(Jetzt sind 73 von den 143 Städten unter der St-O. I, 70 unter
der St O. II.) Die Verfassung der St. 1 beruht ausschließlich auf
der St O. I, die der St. II auf der St O. l und der St . II d. h.
auf der St O. I mit den in der St O. II enthaltenen Beschränkungen;
die St O. II ist für sich allein kein vollständiges Gesetz, sondern
enthält nur Modificationen der St O. ] für die St. II. StO. 1
§ 1, St O. II Art. II.
Die Verfassung der St O. II ist ein Mittelding zwischen
der der StO. I und der LGO. Der Hauptunterschied zwischen
der Städteverfassung (1 und II) und der Landgemeindeverfassung
liegt in den Vorschriften über Zusammensetzung und Bestellung