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ungleichfoͤrmige Weise entschieden hat, so
sell das Erkenntniß des Senats in dieser
Streitsache ausgesetzt, und die Rechtsfrage
in einer Plenar-Versammlung des obersten
Gerichtshoses mit genauer Anführung der
allseitigen thatsächlichen Umstände zum Vor-
trage gebracht, berathen und entschieden
werden. —
Art. II.
Dasselbe soll geschehen, wenn uͤber
eine Rechtsfrage eine Entscheidung oder
mehrere gleichfoͤrmige Erkenntnisse des Ober-
appellationsget ichts vorliegen, und bei Er-
oͤrterung eines gegebenen, voͤllig gleichge-
arteten Falles der zur Aburtheilung beru-
fene Senat sich einhellig, oder in seiner
Mehrheit fuͤr eine jenen Entscheidungen wi-
dersprechende oder wesentlich davon ab-
weichende Rechtsansicht erklaͤrt. —
Art. III.
Ein solcher Plenar-Beschluß dient
nicht nur fuͤr den veranlassenden Fall, wel-
cher sofort von dem betreffenden Senate
abzuurtheilen ist, — zur Entscheidungsnorm,
sondern er nimmt auch für künftige völlig
gleichartige Fälle die Natur eines Prcju-
dizes im Sinne des bayerischen Landrech-
tes Theil I. Cap. II. cJ. 14. Nr. 3 an,
insolange nicht eine authentische Auslegung
unter Mitwirkung der Stände-Versammt
lung zu Stande gebracht werden wird.
Art IV.
Zur Fassung eines solchen Plenar-Be-
schlusses ist die Anwesenheit von wenigstens
zwei Drittheilen der sämmrlichen Colle-
gial-Mitglieder des obersten Gerichtshofes
erforderlich.
Jeder Plenar-Beschluß über solche
Rechtsfragen ist mit Beifügung der juristt-
schen Motive des Beschlusses, jedoch ohne
Bencnnung der veranlassenden Stereitsache
durch das Regierungsblatt öffentlich bekanne
zu machen. —
Gegenwärtiges Gesetz soll im Geseß-
blatte zur öffentlichen Kenntniß gebracht
werden. —
Unser Staatsministerium der Justiz
ist mit dem Vollzuge desselben beauftragt.
Gegeben München am 17. November 1837.
Ludwig.
Fürst v. Wrede. Frhr. v. Gise. Frhr. v. Sehrenk. v. Wirschinger.
Frhr. v. Hertling.
Staatsrath v. Abel.
Nach Königlich Allerböchstem Befehl
Geheimer Rath von Kreuzer.