Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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für die betreffenden Strafanstalten und Gefäng- 
nisse. Diese Hausordnungen werden für die Zucht- 
häuser, Gefangenanstalten und zum Vollzuge 
der Festungshaft bestimmten Orte durch König- 
liche Verordnung, für die Bezirksgerichts= und 
Polizeigerichtsgefängnisse aber durch das Staats- 
ministerium der Justiz erlassen. 
Körperliche Züchtigung ist auch als Disciplinar= 
mittel gegen Sträflinge in allen Strafanstalten 
und Gefängnissen ausgeschlossen. 
Die Fesselung eines Sträflings darf nur bei 
besonderer Fluchtgefahr, Widersetzlichkeit oder 
aus ähnlichen Gründen von dem Vorstande einer 
Strafanstalt, dann von der vorgesetzten Behörde 
der letzteren oder eines Gefängnisses angeordnet 
werden. 
Art. 37. 
Was in dem Strafgesetzbuche für das Deutsche 
Reich, sowie in dem gegenwärtigen Gesetze be- 
züglich der Behandlung der zu einer Zuchthaus-, 
Gefängniß= oder Haftstrafe verurtheilten Per- 
sonen bestimmt ist, findet vom 1. Jannar 1872 
an auch auf diejenigen in den betreffenden Straf- 
anstalten und Gefängnissen verwahrten Personen 
Anwendung, welche schon vor dem 1. Januar 
1872 abgeurtheilt wurden. 
Für Personen, welche in Gemäßheit des Art. 19 
des Strafgesetzbuches vom 10. November 1861 
eine Zuchthaus= oder Gefängnißstrafe auf einer 
Festung zu erstehen haben, bleiben bezüglich der 
Behandlung im Straforte die bisherigen Bestim- 
mungen maßgebend. 
Art. 38. 
Die Hausordnungen für die Arbeitshäuser 
(Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich §. 362) 
werden im Verordnungswege erlassen. 
Die Bestimmungen des Art. 36 Abs. 2 und 3 
gelten auch für die in einem Arbeitshause ver- 
wahrten Personen. 
Art. 39. 
Ist der zu einer Freiheitsstrafe Verurtheilte 
auf freiem Fuße, so beginnt dessen Strafzeit mit 
dem Augeublicke seines freiwilligen oder erzwun- 
genen Eintrittes in den Strafort. 
Ist der Verurtheilte verhaftet, so beginnt die 
Strafzeit mit dem Tage der Rechtskraft des Ur- 
theiles. 
Hat der Staatsanwalt allein gegen ein ver- 
urtheilendes Erkenntniß ein Rechtsmittel ergriffen 
und war dasselbe in Bezug auf Dauer und Art 
der Strafe ohne Erfolg oder wurde es vom 
Staatsanwalte wieder zurückgenommen, so wird 
der Beginn der Strafzeit von dem Tage an ge- 
rechnet, an welchem das Urtheil rechtskräftig ge- 
worden wäre, wenn der Staatsamwalt das Rechts- 
mittel nicht ergriffen hätte. 
Wird von dem verhafteten Verurtheilten oder 
von einer dritten Person für ihn ein Begnadi- 
gungsgesuch eingereicht und in Folge dessen die 
Ablieferung an den Strafort ausgesetzt, so ist 
die bis zur Bescheidung des Begnadigungsgesuches 
in der Haft verbrachte Zeit in die Strafzeit ein- 
zurechnen. 
Verzögert sonst der verhaftete Verurtheilte 
selbst schuldhaft die Einlieferung in den Straf- 
ort, so wird die Zeit der Verzögerung in die 
Strafdauer nicht eingerechnet. 
Ob eine solche Verschuldung des verhafteten 
Verurtheilten vorliegt, entscheidet das mit dem 
Strafvollzuge befaßte Gericht in geheimer Si- 
tzung nach Anhörung des Staatsanwaltes.
	        
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