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theilung demjenigen Gerichte zu, welches der
Beschaffenheit der betreffenden strafbaren Hand-
lung hiefür zuständig ist.
Art. 62.
Im zweiten Rechtszuge urtheilen in den zur
bezirksgerichtlichen Zuständigkeit gehörigen Straf-
sachen die Appellationsgerichte und in den von
den Stadt= und Landgerichten abgeurtheilten
Strassachen die Bezirksgerichte.
Art. 63.
Der oberste Gerichtshof behält für sämmtliche
Strafsachen, soweit solche nicht zur Zuständigkeit
des Bundesoberhandelsgerichts gehören, seine
Eigenschaft als Cassationshof für das ganze
Königreich.
Art. 64.
Durch die in den Art. 55 bis 63 enthaltenen
Bestimmungen bleiben die gesetzlichen Vorschriften
über die Zuständigkeit der Forststrafgerichte, über
die Zuständigkeit der Militärgerichte und Militär-
behörden, der besondern Standgerichte nach Art.
441 bis 456 Th. II des Strafgesetzbuches von 1813
und des Staatsgerichtshofes nach Maßgabe des
Gesetzes vom 30. März 1850, daun über die
Zuständigkeit zur Aburtheilung der Zuwider-
handlungen gegen die Landesgesetze bezüglich der
Stempel= und Einregistrirungsgebühren, endlich
über die Zuständigkeit zur Verhängung von Dis-
ciplinar-, Proceß-, Ordnungs= und Ungehorsams-
strafen unberührt. «
Art. 65.
Diejenigen Strafsachen, in welchen am 1. Jän-
ner 1872 bereits eine Verweisung oder eine Vor-
ladung des Beschuldigten vor ein bestimmtes
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Strafgericht zur Aburtheilung stattgefunden hat,
sind von letzterem abzuurtheilen, auch wenn
die Sache nach den Bestimmungen des gegen-
wärtigen Gesetzes nicht mehr zur Zuständigkeit
dieses Gerichtes gehören sollte.
Strafsachen, in welchen am 1. Jänner 1872
noch keine Verweisung oder Vorladung vor ein
bestimmtes Gericht stattgefunden hat, sind vor-
behaltlich der Bestimmung des Art. 66 an die-
jenigen Gerichte zu bringen, welche nach dem
gegenwärtigen Gesetze als zuständig erscheinen.
Ist ein Verweisungsbeschluß bereits vor dem
1. Januar 1872 ergangen, jedoch nachher noch
in Folge eines hiegegen eingelegten gesetzlich zu-
lässigen Rechtsmittels Gegenstand der Prüfung
durch den höheren Richter, so hat letzterer zu-
gleich von Amtswegen die Zuständigkeit nach
Maßgabe der in den Art. 56 bis 58, 60, 61 ünd
66 des gegenwärtigen Gesetzes enthaltenen Be-
stimmungen festzusetzen.
Art. 66.
Ergibt sich bei der Erlassung des Verweisungs-
erkenntnisses in Bezug auf eine vor dem k. Ja-
nuar 1872 begangene That, daß das ältere Straf-
gesetz als das mildere zur Anwendung gebracht
werden muß, so sind auch die bis zum 1. Januar
1872 geltenden Bestimmungen über die Zustän-
digkeit anzuwenden.
Fünfter Abschnitt.
Von dem Verfahren in Strafsachen.
1. Allgemeine Bestimmungen.
Art. 67.
Bezüglich des Verfahrens in Strafsachen ver-
bleibt es, soweit nicht durch das gegenwärtige