Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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Gesetz etwas Anderes bestimmt ist, bei den hie- 
für geltenden allgemeinen und besondern gesetz- 
lichen Bestimmungen. 
Das Strafverfahren richtet sich bei den von 
der Zuständigkeit der Schwurgerichte ausgenom- 
menen Verbrechenssachen, sowie bei den im ersten 
Rechtszuge der Zuständigkeit der Bezirksgerichte 
zugewiesenen Uebertretungen nach den Bestim- 
mungen über das Verfahren in Vergehenssachen 
— und bei den von den Stadt= und Landge- 
richten abzuurtheilenden Vergehenssachen — nach 
den Vorschriften über das Verfahren in Ueber- 
tretungssachen. 
Art. 68. 
Die Bestimmung in Art. 34 Abs. 2 des Ge- 
richtsverfassungsgesetzes vom 10. November 1861 
ird abgeändert, wie folgt: 
„Auch steht es den Bezirksgerichten zu, auf 
Antrag des Staatsanwaltes die Führung von 
Voruntersuchungen über die zur Zuständigkeit 
der Bezirksgerichte gehörigen strafbaren Hand- 
lungen, wenn besondere Gründe hiefür bestehen, 
dem betreffenden Stadt= und Landgerichte zu 
übertragen.“ 
Art. 69. 
Die Bestimmungen des Art. 46 Ziff. 1 und 5 
des Strafprozeßgesetzes vom 10. November 1348 
werden, wie folgt, abgeändert: 
Als Auskunftspersonen dürfen zwar ver- 
nommen, aber nicht beeidigt werden: 
1) diejenigen Personen, welche gemäß §. 161 
des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich 
der Fähigkeit, als Zeuge oder Sachverstäu- 
diger eidlich vernommen zu werden, ver- 
lustig wurden, oder auf welche Art. 43 
Abs. 2 des Gesetzes vom 26. December 1871, 
den Vollzug der Einführung des Straf- 
gesetzbuches für das Deutsche Reich in Bayern 
betr., Anwendung findet; 
5) Personen, welche sich wegen Meineids in 
Untersuchung befinden. 
Art. 70. 
Art. 204 Ziff. 1 Th. II des Strafgesetzbuches 
von 1813 wird, wie folgt, abgeändert: 
„Von der Verbindlichkeit zum Zeugnisse 
in Strafsachen sind befreit: Verwandte und 
Verschwägerte in auf= und absteigender Linie, 
Adoptiv= und Pflege-Eltern und Kinder, 
Ehegatten, Geschwister und deren Ehegatten 
und Verlobte.“ 
Art. 71. 
Ergeben sich im Laufe eines Strafverfahrens 
Anhaltspunkte, daß sich bezüglich des Gegen- 
standes der Anschuldigung Beweise aus Briefen 
oder Paqueten entnehmen lassen, welche von 
Seite des Angeschuldigten zur Post gelangt sind 
oder mittels der Post an denselben befördert 
werden sollen, so können diese Poststücke mit 
Beschlag belegt werden. 
Die Postanstalt ist in solchen Fällen verpflichtet, 
auf Ansuchen des Staatsanwaltes, des Unter- 
suchungsrichters, des Gerichtsvorstandes, des 
Schwurgerichtspräsidenten oder des Vorsitzenden 
der zur Aburtheilung der Sache berufenen Ge- 
richtsabtheilung, beziehungsweise des Einzeln- 
richters, die ihr bezeichneten Briefe oder Pa- 
quete zurückzubehalten und von der Zurückbe- 
haltung dem ansuchenden Beamten Kenntniß zu 
geben. 
Die Auslieferung der zurückbehaltenen Post-
	        
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