131
gleich zur Hauptverhandlung geschritten werden,
zu welcher der Beschuldigte ohne weitere Vor-
ladung vorgeführt wird. Ist er der That ge-
ständig oder sind die Schuld= und Vertheidi-
gungsbeweismittel sogleich zur Hand, so soll in
der Regel auf der Stelle die Hauptverhandlung
vollständig gepflogen und das Urtheil gefällt
werden. Wenn dieß nicht thunlich ist, so soll
jedenfalls der verhaftete Beschuldigte sogleich
über die Anschuldigung und über seine allenfall-
sigen Vertheidi 8 lvernommen und
hienach zur Fortsequng der Hauptverhandlung
ein möglichst naher Termin anberaumt werden.
Art. 80.
Nicht verhaftete Beschuldigte sind vorbehaltlich
der Bestimmungen des Art. 86 zur Hauptver-
handlung durch schriftlichen Befehl vorzuladen,
welcher die deutliche Bezeichnung des den Ge-
genstand der Anschuldigung bildenden Uebertre-
tungsfalles mit dem Beifügen zu enthalten hat:
1) daß es dem Beschuldigten frreistehe, seine
allenfallsigen Vertheid s lmit-
zubringen oder solche dem Gerichte so zeitig
anzuzeigen, daß sie noch zur Verhandlung
beigeschafft werden können;
2) daß im Falle des Ausbleibens des Beschul-
digten die Verhandlung und Aburtheilung
dennoch stattfinden werde.
Erlassung von Steckbriefen oder Edictalladun-
gen findet nicht statt.
Nrt. 81.
Der Beschuldigte kann sich bei der Hauptver-
handlung durch einen Bevollmächtigten vertreten
lassen. Die in Gegenwart eines solchen Ver-
treters gepflogene Verhandlung hat gleiche Wir-
132
kung mit der in Gegenwart des Beschuldigten
gepflogenen. Zur Legitimation des Bevollmäch-
tigten genügt eine vom Gemeindevorstande be-
glaubigte Privatvollmacht.
Auch kann sich der erschienene Beschuldigte
durch einen Rechtskundigen verbeistanden lassen.
Art. 82.
Zengen und Sachverständige sind auf Hand-
gelöbniß an Eidesstatt, Beamte und eidlich ver-
pflichtete öffentliche Diener, wenn sie über eine
von ihnen bei Ausübung ihres Amtes oder
Dienstes wahrgenommene Thatsache aussagen,
unter Erinnerung an ihren Diensteid zu vernehmen.
Letzteres hat auch bei jenen Sachverständigen
zu geschehen, die Ein für allemal als solche be-
eidigt sind.
Ob und welche Aktenstücke bei der Haupt-
verhandlung zu verlesen seien, bleibt dem Er-
messen des Richters anheimgestellt.
rt. 83.
Ungehorsam der Zeugen und Sachpverstäu-
digen, sowie ungebührliches Benehmen derselben
oder des Beschuldigten vor Gericht kann mit
Haft bis zu drei Tagen oder an Geld bis zu
sechs Thalern, — ungebührliches Benehmen des
Vertreters oder Vertheidigers mit Verweis oder
Geldstrase bis zu sechs Thalern von dem Ein-
zelurichter beahndet werden.
Art. 84.
Ueber die Hauptverhandlung führt der Pro-
tokollführer ein von ihm und dem Richter zu
unterzeichnendes Sitzungsprotokoll, in welchem
der wesentliche Inhalt der Verhandlung kurz
vorgemerkt wird. Die Urtheile sind mit kurzen