Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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gleich zur Hauptverhandlung geschritten werden, 
zu welcher der Beschuldigte ohne weitere Vor- 
ladung vorgeführt wird. Ist er der That ge- 
ständig oder sind die Schuld= und Vertheidi- 
gungsbeweismittel sogleich zur Hand, so soll in 
der Regel auf der Stelle die Hauptverhandlung 
vollständig gepflogen und das Urtheil gefällt 
werden. Wenn dieß nicht thunlich ist, so soll 
jedenfalls der verhaftete Beschuldigte sogleich 
über die Anschuldigung und über seine allenfall- 
sigen Vertheidi 8 lvernommen und 
hienach zur Fortsequng der Hauptverhandlung 
ein möglichst naher Termin anberaumt werden. 
Art. 80. 
Nicht verhaftete Beschuldigte sind vorbehaltlich 
der Bestimmungen des Art. 86 zur Hauptver- 
handlung durch schriftlichen Befehl vorzuladen, 
welcher die deutliche Bezeichnung des den Ge- 
genstand der Anschuldigung bildenden Uebertre- 
tungsfalles mit dem Beifügen zu enthalten hat: 
1) daß es dem Beschuldigten frreistehe, seine 
allenfallsigen Vertheid s lmit- 
zubringen oder solche dem Gerichte so zeitig 
anzuzeigen, daß sie noch zur Verhandlung 
beigeschafft werden können; 
2) daß im Falle des Ausbleibens des Beschul- 
digten die Verhandlung und Aburtheilung 
dennoch stattfinden werde. 
Erlassung von Steckbriefen oder Edictalladun- 
gen findet nicht statt. 
Nrt. 81. 
Der Beschuldigte kann sich bei der Hauptver- 
handlung durch einen Bevollmächtigten vertreten 
lassen. Die in Gegenwart eines solchen Ver- 
treters gepflogene Verhandlung hat gleiche Wir- 
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kung mit der in Gegenwart des Beschuldigten 
gepflogenen. Zur Legitimation des Bevollmäch- 
tigten genügt eine vom Gemeindevorstande be- 
glaubigte Privatvollmacht. 
Auch kann sich der erschienene Beschuldigte 
durch einen Rechtskundigen verbeistanden lassen. 
Art. 82. 
Zengen und Sachverständige sind auf Hand- 
gelöbniß an Eidesstatt, Beamte und eidlich ver- 
pflichtete öffentliche Diener, wenn sie über eine 
von ihnen bei Ausübung ihres Amtes oder 
Dienstes wahrgenommene Thatsache aussagen, 
unter Erinnerung an ihren Diensteid zu vernehmen. 
Letzteres hat auch bei jenen Sachverständigen 
zu geschehen, die Ein für allemal als solche be- 
eidigt sind. 
Ob und welche Aktenstücke bei der Haupt- 
verhandlung zu verlesen seien, bleibt dem Er- 
messen des Richters anheimgestellt. 
rt. 83. 
Ungehorsam der Zeugen und Sachpverstäu- 
digen, sowie ungebührliches Benehmen derselben 
oder des Beschuldigten vor Gericht kann mit 
Haft bis zu drei Tagen oder an Geld bis zu 
sechs Thalern, — ungebührliches Benehmen des 
Vertreters oder Vertheidigers mit Verweis oder 
Geldstrase bis zu sechs Thalern von dem Ein- 
zelurichter beahndet werden. 
Art. 84. 
Ueber die Hauptverhandlung führt der Pro- 
tokollführer ein von ihm und dem Richter zu 
unterzeichnendes Sitzungsprotokoll, in welchem 
der wesentliche Inhalt der Verhandlung kurz 
vorgemerkt wird. Die Urtheile sind mit kurzen
	        
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