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4. Verfahren wegen strafbarer Hand-
lungen in Bezug auf die Wehrpflicht.
Art. 107.
Zum Zwecke der Einschreitung wegen straf-
barer Handlungen in Bezug auf die Wehrpflicht
hat die Verwaltungs= oder Militärbehörde alle
ihr zu Gebote stehenden Behelfe an den Staats-
anwalt des zuständigen Gerichts mitzutheilen.
Die Aburtheilung erfolgt in den Fällen der
88. 140, 112, 143 und 360 Ziff. 3 des Straf-
gesetzbuches für das Deutsche Reich, dann des
Art. 17 des gegenwärtigen Gesetzes durch dieje-
nigen bürgerlichen Gerichte, in deren Bezirken
die betreffenden Wehrpflichtigen, wenn sie in
Bayern abzuurtheilen sind, ihren Wohnsitz haben
oder in deren Bezirke sie heimathberechtigt sind,
wenn sie einen Wohnsitz in Dentschland nicht
besitzen.
Zu diesem Zwecke sind in den im Abs. 2 be-
zeichneten Fällen Wehrpflichtige, deren Aufent-
haltsort unbekannt ist oder welche sich außerhalb
des Reichsgebietes aufhalten, und zwar in letz-
terem Falle auch dann, wenn ihr Aufenthaltsort
bekannt ist, in ihrer Heimathsgemeinde ohne Ge-
stattung von Zusatzfristen (Art. 309 des Straf-
prozeßgesetzes vom 10. November 18148) vorzu-
laden und ist ihnen von Amtswegen ein Ver-
theidiger zu bestellen. Diesem steht das Rechts-
mittel der Berufung und der Nichtigkeitsbeschwerde
offen. Gegen definitive Erkenntnisse steht den in
Abwesenheit Verurtheilten das Rechtsmittel des
Einspruches so lange zu, als deren Wehrpflicht
dauert.
Im Uebrigen richtet sich das Verfahren nach
den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über das
Verfahren in Strafsachen.
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5. Verfahren in Preßstrafsachen.
Art. 108.
Mit jeder Verurtheilung, welche durch den
Inhalt einer außerhalb des Deutschen Reiches
erscheinenden Zeitung oder Zeitschrift veranlaßt
wurde, kann das aburtheilende Gericht zugleich
das Verbot der Zeitung oder Zeitschrift entweder
schlechthin oder auf bestimmte Zeit, im letzteren
Falle nicht auf weniger als ein Jahr aussprechen.
Das Verbot ist von demselben Gerichte wieder
aufzuheben, sobald das Urtheil nach seinem ganzen
Inhalte vollzogen oder Begnadigung eingetreten ist.
Art. 109.
Wenn ein außerhalb des Deutschen Reichs er-
schienenes Preßerzeugniß den Gegenstand eines
Ungehorsams-(Contumacial-) Verfahrens bildet,
so hat sich dieses Verfahren nach den hierüber
bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu richten,
jedoch mit folgenden Modificationen
I. bei Verbrechen:
1) in den Landestheilen rechts des Rheins
hat sowohl bei der Edictalladung, als dem
Urtheile der Anschlag an dem Wohnorte
oder letzten Aufenthaltsorte zu unter-
bleiben;
in der Pfalz sind das Verweisungsurtheil
und die in Art. 465 der Strafprozeßord=
nung erwähnte Ordonnanz, sowie das
Contumacialurtheil am Sitzungssaale des
aburtheilenden Gerichtes anzuheften und
außerdem auszugsweise im Amtsblatte
des Kreises und in einem auderen dazu
geeigneten öffentlichen Blatte bekannt zu
machen.
Die übrigen in den Art. 465, 466 und
d
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