Kriegswinter des Theaters.
Von Gerhart Hauptmann.
Mir erklärte neulich ein Freund, der bei den
Kämpfen in den Karpathen tätig ist und in Berlin
eines kurzen Urlaubs genoß, er habe hier einen Theater-
abend mitgemacht und sich über die Stimmung des
hauses gewundert, die so wie im tiefsten Srieden ge-
wesen sei und nicht, als ob Deutschland in Ost, West
und Nord auf blutigen Schlach feldern um sein Da-
sein ringe.
Ja, der prachtvolle, deutsche Soldat sagte sogar
etwa das Lolgende: Müssen hunderttausende in den
Schützengräben an beiden Sronten ihr Blut verspritzen,
damit die Leute dazwischen ungestört ihren Der-
gnügungen, meinethalben auch ihren Kunstgenüssen
nachgehen können?
lle von den Ironten kommenden und wieder
nach den Sronten abgehenden Krieger, die ich sprach,
haben ähnlich gedacht und ähnlich empfunden; aber
die meisten haben sich dann auch wieder zu der Einsicht
aufgerafft, daß die von ihnen mit Befremden wahr-
genommene Erscheinung eine im Grunde gesunde ist.
Sie ist es. Sehen wir, inwiefern sie es ist!
Krieg bedeutet keineswegs eine dem Frieden ab-
solut entgegengesetzte Angelegenheit, sofern man
Krieg und Frieden nur national betrachtet. So be-
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