Süchtungslehre oder „Selektions-Theorie“, des eigent-
lichen „Darwinismus“. Erffehlte noch der älteren
„DOesßendenz-Theorie“, in welcher Lamarck den Gegen-
satz der beiden treibenden Entwicklungskräfte, der kon-
servativen Dererbung und der progressiven An-
passung richtig erkannt hatte. Erst Darwin, gestützt
auf langjährige eigene Erfahrungen in der plan-
mäßigen künstlichen Süchtung von haustieren und
Kulturpflanzen, erkannte mit tiefem Blick die außer-
ordentliche Bedeutung, welche der planlos wirkende
„Kampf ums Dasein“ für die Droduktion der unendlich
mannigfaltigen Lebensformen in der freien Natur be-
sitzt; dieser große, überall und jederzeit wirksame
„Struggie for life“ ist der mechanisch-kausale Saktor,
welcher die beständige Wechselwirkung zwischen den
beiden Grundursachen der organischen Entwicklung der
Dererbung und der Anpassung reguliert. Er ist somit
auch das unbewußt (mechanisch) wirkende Drinzip,
welches die beiden großen, unmittelbar aus dem Selek-
tionsprozesse folgenden Naturgesetze bedingt, das Ge-
setz der Arbeitsteilung oder Divergenz, das Gesetz der
Dervollkommnung oder des Fortschritts.
Die ganze wundervolle Geschichte des organischen
Lebens auf unserem Erdball, die Stammesgeschichte
der flanzenarten und Tierarten, gestützt auf die hand-
greiflichen Urkunden der Haläontologie und auf die
ergänzenden Dokumente der vergleichenden Knatomie
und Ontogenie, hat uns im letzten Jahrhundert klar
bewiesen, daß die früheren teleologischen Ansichten von
einem übernatürlichen, zweckvoll wirkenden „Schöp-
fungsplan“ Phantasiegebilde der Dichtung waren.
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