Bittschrift Nichard Wagners um Amnestierung. 105
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unerträglich erkennen muß. Wenn ich heute somit an Eure
Königliche Hoheit mich wende, so geschieht dies in dem Sinne
einen letzten — gestehe ich es — fast verzweifelten Schritt zu
thun, um mir die Möglichkeit ferneren künstlerischen Schaffens,
und, da dieses so einzig davon abhängt, wirklich der Er-
haltung meines Lebens selbst zu gewinnen. Da mich das Recht
zurückweisen muß, wende ich mich einzig wiederum an die
Gnade, und ersehe mir zu meinem letzten Fürsprecher das
Herz Eurer Königlichen Hoheit, des hoffnungsreichen Sohnes
meines Allerhöchsten Nichters.
Wohl weiß ich, daß, wenn ich Eurer Königlichen Hoheit die
Befürwortung meiner Begnadigung zumuthe, es sich um
einen schwer zuläßlichen Ausnahmefall handelt. Aber sei es
mir gestattet, darauf hinzudeuten, daß es sich in jeder Hin-
sicht hbier um einen ausnahmsweisen Fall handelt. Sollte ich
wirklich eben nur, oder überhaupt, für einen politischen Ver-
brecher angesehen werden müssen? Sollte in Wahrheit die
schwärmerisch-optimistisch aufgeregte Stimmung eines durch-
aus nur künstlerischen Menschen, mit dem Ehrgeize des poli-
tischen Fanatikers, und das, was Fener durch Unbesonnenheit
und Abereilung sich zu Schulden kommen läßt, mit den
Plänen und den dafür angewendeten Mitteln Dieses, streng
und ernstlich als übereinstimmend in Motiven und Absichten
beurtheilt werden können? In Wahrheit hatte die mir ge-
wordene Theilnahme der zuvor genannten erlauchten Fürsten
namentlich den tröstlichen Sinn für mich, hierin mich als frei-
gesprochen erkennen, und den berührten Unterschied zu meinen
Gunsten gewürdigt sehen zu dürfen. Wenn nun in den Augen
gerade des Allerhöchsten Rechtspflegers des Landes, vor
dessen Gerichte ich gezogen bin, gewiß ein strenges Urtheil be-
gründet erscheinen muß, so gebe ich mich doch immer noch der
Hoffnung hin, auch hier werde endlich, nach aufrichtig be-
kannter und bereuter Verirrung, der Schuldige mit MWilde
angesehen werden, und es geschieht im richtigen Gefühl der
Schwäche meines Entschuldigungsgrundes, daß ich mich, um