Verlobung des Prinzen Georg. 109
Streben so ernst wie mir zu eigen war, unmöglich anders als
durch vorübergehende Verirrung den Schein des Unedlen
oder A#edrigen auf sich ziehen konnte.
Mögen Eure Königliche Hoheit den Freimuth und die
MBückhaltlosigkeit, mit der ich mich über meine trübe Lage
und das, was zu meinem Vortheil sprechen durfte, zu äußern
wagte, meiner tiefen Bekümmerung wegen mir huldvollst
verzeihen, und gestatten, schließlich meine herzlichsten und er-
gebensten Wünsche für Höchstdero unschätzbares Wohlergehen,
und meinem Vaterlande so bedeutungsvolles Leben, zu Ihren
Füßen niederzulegen.“1)
Das Jahr 1858 begann für die königliche Familie mit
einem freudigen Ereignis. Am 16. Januar wurde Johann
in Florenz eine Enkelin geboren, die Erzherzogin Antonietta.
Sie trat unserer Familie ganz besonders nahe. Jahrelang
hat sie ganz im Hause der Großeltern gelebt. Auch wir Ge-
schwister haben sie viel und oft gesehen und sie sehr gern
gehabt. Sie starb am 15. April 1883 an der Schwindsucht.
Am 19. März reiste mein Vater über Paris und London,
wo er die beiden Höfe besuchte, nach Lissabon, wo er sich am
18. April mit der Infantin Maria Anna verlobte. Sie war
am 21. Juli 1843 geboren, also noch nicht 15 Jahre alt. Die
Freude in der Familie war sehr groß, um so größer nach der
Enttäuschung von 1856. Albert schrieb ihm am 29., als er
die Nachricht erhalten hatte: „Du kannst Dir denken, mit
welcher innigen Freude ich die Nachricht von Deiner glücklich
erfolgten Verlobung erhalten habe. Mein sehnlichster Wunsch,
Dich vollkommen glücklich zu sehen, ist hoffentlich dadurch erfüllt
worden. Schade nur, daß ich nicht die Freude haben werde, Dich
mit der Braut und recht verliebt zu sehen. Ich kann mir Dich in
1) Nach Richard Wagner, Mein Leben (Volksausgabe, München
19153), III, S. 230, kam es erst 1860 durch Vermittelung von anderer
Seite (Prinzregentin von Preußen) zu dem Entschlusse des Königs,
stillschweigend Wagners Aufenthalt im übrigen Deutschland außer-
halb Sachsens dulden zu lassen. Die Amnestie erfolgte erst, unter
großen Bedenken, 1862 (das. S. 328).