Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

112 Die Zeit von 1854 bis 1865. 
  
den österreichischen Botschafter Hübner. Die Sympathie der 
königlichen Familie stand ganz auf der Seite Ssterreichs. 
Namentlich gilt dies von Albert. Zunächst traf aber die 
Familie noch ein weiterer schwerer Schlag. Die Erbgroß- 
herzogin Anna von Toscana erlag am 10. Februar dem 
Typhus in Neapel. Infolge der politischen Verhältnisse war 
es nicht möglich, daß ein Mitglied der sächsischen Familie 
zum Begräbnis nach Florenz reiste. Sonst wäre es wohl 
Albert vergönnt gewesen, einmal die herrliche Arnostadt zu 
sehen, die er nie betreten hat. Denn mein Vater rüstete sich 
zur Hochzeit, die im Frühjahr stattfinden sollte. 
Es wurde im Gesamtministerium beraten, wie man sich bei 
dem bevorstehenden Krieg zu benehmen habe. Der Kron- 
prinz fühlte sich veranlaßt, auch seinerseits ein schriftliches 
Votum abzugeben, das ich hier wiederholen will, wenn es 
auch bei Hassel abgedruckt ist. Es beginnt mit den Worten: 
„Militärisch würde das Verfahren Preußens das bewirken, 
was man in Paris längst am sehnlichsten wünscht, l’'un apres 
lautre. Wenn man überhaupt den Gedanken des Krieges 
in Betracht zieht, warum nicht gleich mit vereinten, un- 
geschwächten Kräften auftreten? In dem Fall, daß Preußen 
sich abseits halten will, bin ich überzeugt, daß die übrigen 
Bundeskontingente im Stande sind, den Oberrhein von Basel 
bis Mainz zu vertheidigen. Politisch bin ich auch der Ansicht, 
daß die beregte Eventualität, daß Preußen sich nicht fügte, 
den Bund zerreißen und uns auf immer zu Preußens An- 
hängsel machen würde. Kommt daher ein Bundesbeschluß zu 
Stande, so müssen wir ihn ausführen helfen, so viel in unseren 
Kräften steht. Aoch aber hoffe ich, daß beide Großmächte zu- 
sammen den Antrag stellen, — und dahin zu wirken, wird die 
Hauptaufgabe unserer Diplomatie sein.“ Ich habe das Votum 
auch besonders deshalb angeführt, weil es die einzige er- 
haltene Kundgebung Alberts aus diesem Jahre ist. Auch 
äußerten sich sämtliche Minister in seinem Sinne. 
Albert begab sich im April nach Mannheim, um seine
	        
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