114 Die Zeit von 1854 bis 1865.
den einschlagenden Passus desselben zur Einsicht zu senden,
ehe ich mich über seinen Abgang entscheide.“ Albert hat den
Brief sofort seinem Vater gesandt. Dieser antwortet ihm
am 16.: „Indem ich Dir Deinen Brief an den Kaiser zurück-
schicke, bitte ich Dich zugleich, ihn noch einmal umzuschreiben
und in folgender Weise umzuändern. Statt der eingeklam-
merten Worte würde zu setzen seyn:
„Wenn von Wien aus in Frankfurth ein Antrag auf Unter-
stützung OÖsterreichs durch den Bund gestellt (wird), so sind wir
bereit, für denselben ohne Rücksicht auf Preußen zu stimmen
und ihn in Verbindung (mit) den übrigen Staaten durch-
führen zu helfen, soweit unsere Kräfte reichen. Es würde
zwar dann momentan der Bund gesprengt, aber wir thäten
unsere Pflicht. Daß Du die Bedenken und Gefahr, die mit
einer solchen Vorschrift für Euch (und) uns verbunden seyn
kann, in die Wagschaale bei Deinen Entschlüssen legen wirst,
bezweifeln wir nicht; was aber geschehen soll, muß bald
geschehen, damit wir uns nicht finanziell verbluten, und die
Stimmung, die jetzt gut ist, nicht umschlage.
Ich wollte dadurch andeuten a) daß wir auf bundesmäßigem
Wege Hilfe leisten wollen, b) daß allerdings die Erwägung
der Opportunität des Schrittes hauptsächlich in Österreichs
Hände zu legen, daß aber keine Zeit zu verlieren sey.“
Wenn man diesen Brief liest, wird man es lebhaft be-
dauern, daß nicht derjenige Alberts erhalten ist. Als ich
mich nach dem Verbleib dieser Briefe erkundigte, wurde mir
von kompetenter Seite geschrieben, es hätte sich in ihnen
nur um Zusagen zu Fagdeinladungen und dergl. gehandelt.
Ich wußte schon vorher das Gegenteil aus einem Fall, den
ich in Kapitel 8 berühren werde. Hier ist aber die schriftliche
Bestätigung dafür zu finden. Aun ist der Fall wohl denkbar,
daß der Kaiser diese Briefe später vernichtet hat. Jedenfalls
ist uns mit ihnen eine wichtige Quelle für die politische Ge-
schichte von etwa 1850—1902 verloren gegangen. Auch die
Briefe des Kaisers gibt es nicht mehr. Sie sind mit