Die Kaiserproklamation in Versailles. 191
sicht genommenen 18. Januar verfrüht, da man noch nicht
im Besitz von Paris sei. Aber es mußte eben der preußische
Krönungstag sein. Dazu schreibt er: „Vor 170 Jahren König,
jetzt Kaiser, ein recht gutes Avancement.“ Zur Feier selbst
begab er sich mit seinem Bruder nach Versailles. Darüber
bat er seiner Gattin in einem Brief am 19. berichtet: „Der
gestrige Tag war ganz interessant. Ich war mit meinem guten
Georg, den ich auf diese Weise seit einem Monat zum ersten
Mal genoß, nach V. am 17. Nachmittags gekommen, wo wir
bei Fabrice (der dort Gouverneur war) aßen, der sehr gnädig.
Ich ging Abends noch zu Gen. Moltke, mit dem ich zu reden
hatte, und blieb dann dort zur Parthie. (Gestern) Früh waren
wir erst bei Leopold (Erbprinz von Hohenzollern), dann ½12
bei Lehmann (König Wilhelm), der sehr gnädig und sehr er-
griffen schien. Um 12 war die Feierlichkeit im Schloße in der
s gL. Galerie des Glaces. Einen eigenthümlichen Eindruck
machte es doch, daß das Alles in den Prunkgemächern Lud-
wigs XIV. geschehen sollte. In der Mitte des Saales war
ein Altar, zwischen 2 Chorälen hielt ein Divisionsprediger
eine lange tactlose Rede, voll preußischer Selbstvergötterung.
ie ich nachher hörte, war Graf Bismarck darüber wüthend.
ann begab sich K. auf eine Estrade, verlas eine kurze Nede,
worauf der Bundeskanzler eine Ansprache an das deutsche Volk
verlas, seine Annahme der Kaiserwürde enthaltend, darauf
Soch auf ihn durch Fritz, von Bladen) als erstem der anwesenden
egenten. Zum Schluß Compliment Cour aller Anwesenden
(Wichtfürsten). Damit war das Schauspiel zu Ende. Diner um
5 beim Kaiser, dann Thé beim Kronprinzen mit Cigarren. Um
½11 lagen Georg und ich im Bette. Wir hatten das Ouartier
des verschickten Holleben. Heute früh fuhren wir zurück.“ Auf
diesen Brief beruft er sich in dem Brief an seinen Vater und
setzt hinzu: „Ich habe doch in Deinem Sinn gehandelt, auch
Georg mitzunehmen? Dort sah ich auch Fabrice, der sehr
gnädig, wir aßen den ersten Abend bei ihm. Man munkelt an
manchen Orten, er sei zum Gouverneur von Paris bestimmt.“