Tod der Königin Elisabeth von Preußen. Besuche in Leipzig. 219
Vielfach ist es aber nur ein Vortrag in der ganzen Neihe
gewesen, der nur einen besonderen Charakter bekam. Auch
die Kliniken wurden besucht. König Albert wohnte z. B. ein-
mal einer Augenoperation bei, blieb aber nur kurz, weil er
sah, daß es seine Umgebung schauderte. Er erzählte uns
oft, ihm mache das gar nichts, Geheimrat Thiersch habe ihm
eine Beinamputation einst im Frack vormachen wollen, das
habe er sich aber verbeten. Von seinem Interesse an der Uni-
versität zeugen auch eine Anzahl von Stellen aus Briefen
an die Kultusminister, die ich später aufführen werde. Ge-
wöhnlich war bei den Besuchen auch eine Parade, ursprünglich
auf dem Augustusplatz, später in den Kasernenhöfen. Sonst
wurden noch eine NReihe von Fabriken und sonstigen Etablisse-
ments besucht. Einmal, es war schon in den 80 er Jahren,
besuchte das Königspaar eine Fabrik in Lindenau oder Plag-
witz, in der alle Arbeiter Sozialisten waren. Es wurde mit
Hochrufen empfangen. Als es später in den Speisesaal der
Arbeiter während des Essens trat, erhob sich ein Arbeiter
und sagte: „Jetzt wollen wir auf das Wohl unseres Königs
und unserer lieben Königin trinken.“ Jeden Abend fanden
größere Tafeln im Palais statt, zu denen Offiziere, Pro-
fessoren, Beamte, Großkaufleute usw. geladen waren. Einmal
wurde auch gewöhnlich das Theater besucht, natürlich nicht
in dem Trauerjahr. Gewöhnlich wurde der Leipziger Aufenthalt
auch so gelegt, daß ein Besuch des Gewandhauskonzerts am
Oonnerstag möglich war. König Albert war ja allgemein
als großer Musikfreund bekannt, wie ich das schon im dritten
Kapitel ausgeführt habe und weiter unten noch behandeln
werde.
Am 12. Januar hatte König Ludwig II. von Bayern Albert
seine Glückwünsche zur Thronbesteigung ausgesprochen. In
seinem Dank vom 18. faßte dieser sie als ein Zeichen der schon
oft gezeigten freundnachbarlichen Gesinnung auf und dankte
für die bewiesene Teilnahme beim Tode seines unvergeß-
lichen Vaters. Leider sei der Empfang des sächsischen Ab-