220 Regierungsantritt und erste Königsjahre (1873—78).
gesandten wegen der Gesundheit des Adressaten nicht möglich.
Einige Monate danach wurde Albert zum Inhaber des
15. bayrischen Infanterieregimentes ernannt.
Für den Geburtstag des Kaisers begab sich das Königs-
paar nach Berlin. Es war das wohl auch gleichzeitig der
Antrittsbesuch als König und Königin. Seitdem ist Albert
eigentlich jedes Jahr zum 22. März in Berlin gewesen,
später zum 27. Fanuar. Hie und da begleitete ihn die Kö-
nigin, manchmal auch mein Vater, in späteren Jahren wohl
auch der eine oder der andere von uns Brüdern. Bei diesen
Gelegenheiten bat auch meist Bismarck oder sein Nachfolger
um Audienz. Meist wurden die sächsischen Reichstagsabgeord-
neten empfangen.
Am 23. April fand zum erstenmal die Parade statt, wie das
dann jahrelang der Fall war. Aur sehr selten fiel sie aus.
Der Alaunplatz zeigte sich dann immer im ersten Schmuck
des Frühjahrs. Es war das wahre Volksfest. Alles strebte
danach, dem geliebten König, der immer im Hof von Fordan
und Timaeus zu Pferde stieg, zuzujubeln. An der Parade
nahmen außer der Garnison immer die 12. Jäger aus Frei-
berg und die Großenhainer Husaren teil.
Das Frühjahr und der Herbst wurden wie jedes Jahr in
der Villa Strehlen verbracht, die noch immer der Lieblings-
sitz war. Der eigentliche Sommeraufenthalt wurde aber nun
Pillnitz. Das Königspaar bezog, dem Beispiel Friedrich
Augusts I. und II. folgend, das Bergpalais, während im
Wasserpalais die Königin-Mutter nach wie vor ihre Woh-
nung behielt. Solange diese lebte, und das war noch vier
Sommer der Fall, blieben Albert und Carola länger in
Pillnitz. Später wurde der Aufenthalt oft sehr gekürzt, da
Königin Carola Pillnitz nicht gern hatte. Jeden Sonntag
vereinigte sich die Familie zum Essen in Pillnitz. Sehr oft
nahm daran auch die Großherzogin Augusta von Mecklen-
burg-Strelitz teil, die im Keppschloß in Hosterwitz regelmäßig
jeden Sommer wohnte und viel mit unserer Familie ver-