Ministervorträge. Die Schloßwohnung. 223
Die ersten aus diesem Jahre sind an Minister Gerber ge-
richtet, aus denen ich zwei Stellen zitiere. Der eine ist schon
aus dem Februar. Es muß sich um einen zu Eifrigen ge-
handelt haben. Denn der König schreibt: „Auf jeden Fall
ist gut, ihm das Talleyrandsche pas trop de zele zuzurufen.“
Im Meai schreibt er ihm: „Sehr erfreut, daß Sie nun endlich
Ihren ersten Tenor der Furistenfakultät gefunden, stimme ich
ganz mit Ihrer Ansicht über seine Stellung überein. Die
dii minorum gentium werden wohl etwas schreien, aber dem
entgeht ein anderer doch nie.“ Es muß sich um die Be-
rufung von Binding gehandelt haben.
Im Winter 1874/75 bezog dann das Königspaar das vor-
gerichtete neue DQuartier im Schloß. Albert wohnte im ersten
Stock über dem Georgentor. Sein schönes großes und son-
niges Arbeitszimmer, das mit dem Fenster auf den Stall-
hof geht, war auch das seines königlichen Onkels Friedrich
August gewesen. Die Königin wohnte darüber im zweiten
Stock, wo auch Königin Marie gewohnt hatte. Man muß
durch einen Teil der Säle gehen, um dahin zu gelangen.
Anfangs war das einzig mögliche Wohnzimmer, das nach
dem Schloßplatz lag, sonnenlos, was im Winter nicht sehr
angenehm ist. Deshalb liebte die Königin auch nicht sehr den
Aufenthalt im Schloß. Erst nach dem Schloßumbau konnte
ihr ein Wohnzimmer eingerichtet werden, das die wunder-
vollste Sonne hatte. Seitdem war sie viel lieber dort und
ist auch als Witwe jeden Winter auf einige Monate hinein-
gezogen. Der zweite Winter, den Albert als König verlebte,
brachte natürlich auch die althergebrachten Hoffeste, Empfang
am Meujahrstag mit Hofspiel am Abend, große Hofbälle, wo
Herren und Damen vorgestellt wurden, Kammerbälle und das
Ostermontagskonzert. Der letzte Hofball fand immer an Fast-
nacht statt und endigte Punkt 12. Außerdem gaben die Moaje-
stäten eine Anzahl kleinerer Soireen, zum Teil freilich in
ihrer Villa in Strehlen, die dort viel intimer wirkten. In