Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

232 Negierungsantritt und erste Königsjahre (1873—78). 
  
gehandelt, auf den ich hier verweisen kann. König Albert hat 
sich natürlich auch als Sohn lebhaft für das Werk seines 
Vaters interessiert. Ob er in der Lage war, den Dante in der 
Ursprache zu lesen, weiß ich nicht, vermute es aber beinahe. 
Freilich konnte er seinem Vater nicht in dem hohen theolo- 
gischen Studium nachfolgen, so konnte er doch bei seinem regen 
Interesse für Poesie die Schönheiten des unsterblichen Werkes 
voll würdigen. Von Jugend auf war ihm, wie ich im ersten 
Kapitel ausgeführt habe, die Liebe zu den alten Klassikern ge- 
weckt worden. Aoch als König las er oft im Sallust. Dagegen 
wollte er nicht gern die mittelalterliche lateinische Poesie an- 
erkennen. Ich besinne mich, daß ich einmal beinahe einen 
lebhaften Disput mit ihm über ihre Schönheiten oder Aicht- 
schönheiten, besonders aber über das Versmaß, hatte. Die 
moderne Literatur verfolgte er auch. Einmal hatte mir eine 
Leipziger Schriftstellerin ein von ihr verfaßtes Drama für den 
König mit der Bitte gegeben, er möchte es prüfen, ob es für 
die Dresdner Hofbühne geeignet sei. Ich las er zuerst, ehe 
ich es übergab. Schon den nächsten Tag sagte mir der König, 
er habe es auch gelesen, es sei unmöglich aufzuführen, wie ich 
es ihm schon angedeutet hatte. Sein Interesse für die Ge- 
schichte begleitete ihn bis an sein Lebensende. Dank seinem 
großen Gedächtnis war er in Einzelheiten vorzüglich be- 
schlagen. Dafür könnte mancher Historiker zeugen, dem er auf 
seinem Spezialgebiet mit Sachkenntnis zu folgen wußte. 
Im Sommer 1876 machten König und Königin eine längere 
Reise nach Süddeutschland und der Schweiz, die vom 2. Julie 
bis 11. August dauerte. Hauptsächlich sollte der König eine 
Kur in Ragaz gebrauchen. Während dieser Kur spielte eine 
Sache, die noch manches Mal unsere NRegierungen, besonders 
aber die Zeitungen beschäftigen sollte. Es handelte sich um 
den Gottesdienst in der katholischen Schloßkirche in Wechsel- 
burg. Der Staat wollte dem Grafen Schönburg nicht das 
Offentlichkeitsrecht für diese Kirche zugestehen; darum gab es 
immer Schwierigkeiten, wenn nicht dem Hause Angehörige
	        
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