240 Bis zum Tode Kaiser Wilhelms l. (1878—88).
feierte das Königspaar seine silberne Hochzeit. Ist schon
ein solcher Tag in jeder Familie ein Tag der Dank-
barkeit, der Erinnerung und der Freude, um wieviel
mehr, wenn es sich um ein Fürstenpaar auf dem Thron
handelt. Schon seit Wochen und Monaten waren im Lande,
bei Bekannten, Freunden und Verwandten Vorkehrungen
getroffen worden, um das Fest recht glänzend zu begehen.
Die Feier begann in Pillnitz mit einem großen Festzug
der Bevölkerung dieses und der benachbarten Orte. Die
Leute hatten zu diesem Zwecke ihre alten malerischen Trachten
angelegt und gaben dadurch ein viel schöneres Bild, als wenn
sie in ihrem sonstigen Sonntagsstaat erschienen wären. Das
Königspaar nahm den Festzug von der Terrasse des Berg-
palais entgegen. Das Volk jubelte ihm begeistert zu. Es
war eine der wenigen Festlichkeiten, die wir jungen Aeffen
und ANichten mitmachten. Zu dem eigentlichen Fest kamen
eine große Anzahl Fürstlichkeiten. Anwesend waren von
nahen Verwandten die Herzogin von Genua mit ihrem Sohn,
der Großherzog von Toscana mit seiner zweiten Gemahlin
und seiner Tochter Antonietta, der Erbprinz Leopold und der
Prinz Friedrich von Hohenzollern und der Graf und die
Gräfin von Flandern. Den Kaiser vertrat der Prinz Albrecht
von Preußen, den Kaiser von Österreich der Erzherzog Wil-
helm, den König von Bayern der Prinz Luitpold und Prinz
Hermann von Weimar den König von Württemberg. Von
Bundesfürsten waren anwesend der Großherzog von Baden,
der Großherzog von Sachsen-Weimar mit Gemahlin, der
Herzog von Altenburg und die beiden Fürsten Neuß. Leo Xlll.
hatte den Uuntius in München mit einem Handschreiben
entsandt. Rußland war durch einen General vertreten.
Am eigentlichen Tag, dem 18., gratulierte früh zuerst die
ganze Familie, nur mein jüngster Bruder konnte noch nicht
erscheinen. Dann folgte Tedeum in der Kirche mit dem
bei solchen festlichen Gelegenheiten üblichen Zeremoniell. Es
wurde da immer das Tedeum von Hasse von der Kapelle auf-