Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

Verfassungsjubiläum. Erkrankung der Königin. 257 
  
gereist ist. Am 9. Oktober mußte sie sich legen, und die Arzte 
konstatierten bald einen schleichenden Typhus. Die Krank- 
heit dauerte Wochen und Wochen und schien nicht besser 
werden zu wollen. Der König, der mit ganzer Liebe an seiner 
Gemahlin hing, machte eine schreckliche Zeit durch. Aber das 
teuere Leben blieb ihm doch erhalten. Jedoch dauerte die Ge- 
nesung sehr lange. Als jede Angst geschwunden war, wurde 
im Fanuar 1882 in allen Kirchen des Landes Dankgottesdienst 
abgehalten. Wir wohnten alle dem Tedeum in der Hofkirche 
bei. Am 1. Januar starb nach kurzem Krankenlager der 
Hausminister von Falckenstein, ein schwerer Verlust für den 
König. Seine Stellung übernahm der Minister von Nostitz- 
Wallwitz, der das Auswärtige Ministerium an Minister 
von Fabrice abgab. 
Ende Januar ging der König allein nach Leipzig zu seinem 
alljährlichen Besuch in dieser Stadt. Bald darauf traf die 
englische Sondermission ein, die dem König im Auftrag der 
Königin Viktoria den Hosenbandorden überbrachte. An ihrer 
Spitze stand der Earl, spätere Duke of Fife. Die eigentliche 
Zeremonie fand am 7. Februar statt. Die Königin konnte der- 
selben zur allgemeinen Freude auf einer Estrade beiwohnen, 
wo meine Mutter sich mit uns Geschwistern ebenfalls befand. 
Die Investitur geschah ganz nach dem alten Zeremoniell und 
erregte das größte Interesse. Aoch wochenlang sprachen wir 
davon. An dem großen Diner nahmen nur mein Vater und 
mein ältester Bruder teil. Eine solche Feier kann man sich 
jetzt nach dem Weltkrieg und bei dem Völkerhaß gar nicht 
mehr vorstellen. König Albert hat niemals den weitverbrei- 
teten Haß gegen die Engländer geteilt. Ja, er war vielmehr 
Leneigt, eher für sie einzutreten. Darauf werde ich in späteren 
Kapiteln noch zurückzukommen haben. 
Am 23. Februar reiste die Königin zur Erholung nach 
Mentone, wohin ihr der König am 2. März nachfolgte. Von 
da schrieb er mehrere Male an meinen Vater. Aus diesen 
Briefen will ich hier einiges anführen. Am 22. schreibt er 
König Albert. 17
	        
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