Full text: König Albert von Sachsen von Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

290 Die Zeit von 1888 bis 1894. 
  
großen Wunsch und das Bedürfnis hatte, mit ihm über man- 
ches zu sprechen, was sie beide angehe. Am 1. Mai mel- 
dete sich Carlowitz beim König ab. Er schreibt darüber: „Der 
König nahm am 1. Mai meine Meldung in Strehlen ent- 
gegen. Ich versah mich mit dem ganzen Aüstzeug von 
Willenskraft und Sophismus, um den Abschied zu überstehen, 
aber es zerschellte an den wohlwollenden Worten des Königs 
und seinem teilnehmenden Blick.“ Der König gab ihm das 
Großkreuz des Verdienstordens und beließ ihn auch fernerhin 
als Generaladjutant. Carlowitz fährt fort: „Diese Auszeich- 
nung war mir besonders lieb, weil sie die Möglichkeit einer 
Fortdauer meiner persönlichen Beziehung zum König be- 
deutete. Hierauf führte mich der König hinüber in das 
NRauchzimmer und gab mir daselbst sein auf einer Staffelei 
stehendes Porträt. Das Wenige von Haltung, was ich noch 
hatte, ging nun verloren, denn auf dieses sinnige und kost- 
bare Geschenk war ich nicht vorbereitet.“ Carlowitz schließt, 
nachdem er noch seine Meldung bei der Königin erzählt hat: 
„Es war eine schwere Stunde, diese letzte in dem traulichen 
Strehlen. Der König nannte mich seinen Freund.“ 
Am 1. Juni weilte der König wieder einmal in Potsdam, 
um als Pate der Tochter des Prinzen Friedrich Leopold von 
Preußen der Taufe beizuwohnen. Im Juli unternahm er eine 
mehrtägige Landesreise, bei der er eine Anzahl Orte im Erz- 
gebirge und Vogtland berührte und auch einen Besuch in 
Greiz beim Fürsten machte. Die großen Kavallerieübungen 
unter Leitung des Generals von Nosenberg, denen auch der 
König beiwohnte, und die Anfang September stattfanden, 
litten etwas unter der Witterung. Nachher kam Albert nach 
Chemnitz, um von da den Manöbvern der 23. und 32. Division 
beizuwohnen. Im Stabe der letzteren war ich damals kom- 
mandiert, weshalb ich die Tage dort miterlebte. Hochinteressant 
war die Rundfahrt des Königspaares (denn die Königin war 
auch hingekommen) durch die Stadt Chemnitz, die ich auch 
mitmachte. In allen Straßen wurde ihnen zugejubelt, ganz
	        
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