Hermann Prell in Sibyllenort. 319
derts. S. M. erzählt dazu, als seien uns die Dinge so ge-
läufig wie ihm selbst. Dann kommen Allustrationen zu
Byron, Lamartine, zu Eugen Sue — alle Nomane
jener Zeit kennt Er genau. Als Er von Wellington er-
zählt, hörte man den alten Feldherrn heraus — aber ich
wagte nicht, Ihn von Seiner eigenen Heerführung in Frank-
reich sprechen zu machen. Er kam auf Bergwerke, Kuxe,
Socialdemokraten — dann auf seinen Ahnherrn Georg
Podiebrad, auf die Hussitenzeit, das Czechenthum, den
Streit der Tetschener gegen die Grafen von Dohna — kein
Name, keine Jahreszahl fehlt dem hohen Herrn, und alles
reisste Wissen wird patriarchalisch als wie ganz selbstver-
ständlich vorausgesetzt. Er kennt sogar meines Vaters Uber-
setzungen der griechischen Classiker!! Die Hofherren sind so
animiert und interessiert wie ihr König — bis zu den weiß-
haarigen alten Dienern herab klingt der gleiche Ton durch.
Abends gehört die Zeit dem unausweichlichen Skat bis
Mitternacht. Da ich zum Glück keine Karten kenne, sehe ich
zu, oder zeichne die Spieler. — Beides macht S. M. Ver-
gnügen. Die Mitspielenden sind hinterher schachmatt von
der Anstrengung — aber ich schlafe göttlich in der tiefen
Stille, dem Duft und dem Nauschen draußen in der kühlen
Nacht. —
Ich hatte geschwiegen von unseren Mitten, aber Herr
v. Minckwitz hatte davon erzählt — — kurz S. M. sagte
gestern: „Lieber P., ich muß Sie mal zu Pferde sehen —
morgen früh reite ich mit!“ Heut früh am strahlenden Morgen
standen also Pferde und Stallknechte am Portal und in
großem Pulk ging's hinaus — S. M. glücklich, die Arzte
hintergangen zu haben. Er reitet wie ein rechter Feld-
soldat, überall in langem Galopp durch Dick und Dünn, und
hatte Spaß daran, daß meine Pferdenase Ihm immer am
Sattelgurt blieb. Gottlob hat der Nitt nicht geschadet. Aach-
mittags hatte ich das Unglück, mich in der Thüre zu irren
und stand plötzlich im Zimmer des Königs, wo er lag und las;