8.2. Das Staatsrecht. 5
fachen Ordnungen und Einrichtungen, welche man unter
dem Namen des Verwaltungsrechts zusammen zu
fassen pflegt, sind zwar Produkte der wirkenden Staats-
gewalt, aber ihre wissenschaftliche Darstellung hat den
Einheitspunkt nicht in letzterer, sondern in der eigenen
Zweckbestimmung derselben zu suchen. Hierin kann
auch dadurch Nichts geändert werden, dass in solchen
Ordnungen der Staatsgewalt selbst ein Gebiet unmittel-
baren Handelns und Eingreifens vorbehalten ist; denn
die Grundsätze darüber erscheinen als völlig abgelöst
von der allgemeinen Lehre über die Willensmacht des
Staats, und werden durch die Anziehungskraft des wis-
senschaftlichen Prinzips beherrscht, welches die von jenen
Ordnungen ergriffenen Lebenskreise darbieten. 3
3 Dem Systeme des Staatsrechts gehört von allen diesen Ord-
nungen nur soviel an, als erforderlich ist, um das Willensbereich
des Staats im Allgemeinen zu charakterisiren. Die selbstän-
dige wissenschaftliche Darstellung der in ihnen enthaltenen Grund-
sätze aber verfolgt ihre eigenen Zwecke, bat ihren eigenen prin-
zipiellen Mittelpunkt, und kann nicht von dem für diesen Zweck
nebensächlichen Gesichtspunkte beherrscht werden, dass dabei
immer auch die Staatsgewalt eine Rolle spielt. So hat sich das
Processrecht, das Strafrecht zu einer eigenen vom Staatsrechte
getrennten Wissenschaft erhoben, und ganz das Gleiche muss statt-
finden bezüglich des Polizei-, Gewerbe- und Finanzverwaltungs-
rechts u. s. w. Die Systematisirung des Staatsrechts nach den
Rubriken: „Verfassungs-“ und ‚Verwaltungsrecht‘ ist daher
wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Unterstützt wird diese
Auffassung durch den Umstand, dass unsere Verfassungsurkunden,
welche recht eigentlich die Quellen des Staatsrechts sein wollen,
fast durchweg bezüglich der Stoffbeschränkung dem hier geltend
gemachten Gesichtspunkte folgen, indem sie vom Verwaltungs-
rechte in der Regel nur die allgemeinen Prinzipien feststellen und
damit andeuten wollen, dass ihre selbständige Durchführung einer
anderen Sphäre rechtlicher Ordnungen angehört. Die weitere
Rechtfertigung ist in der Beilage III. zu finden.