Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

6 Einleitung. 
8. 3. 
Der so bestimmte Rechtsstoff des Staatsrechts stellt 
sich nun zunächst als eine Summe von Rechtssätzen und 
Rechtsinstituten dar. Die Staatsgewalt kann aber nicht 
bloss mit abstrakten Sätzen des Rechts ım objektiven 
Sinne des Worts umschrieben werden; denn sie bedarf 
in ihrer konkreten Gestaltung eine je nach der Art der 
Verfassung bald grössere bald kleinere Zahl persönlicher 
Vertreter, in deren Rechte sich ihre Lebensäusserung 
vollzieht.! Unter diesen treten als die bedeutendsten 
diejenigen hervor, welchen als eigenes Recht die Befug- 
niss zusteht, ein unmittelbares Organ der Staatsgewalt 
in mehr oder weniger umfassender Weise zu sein, oder 
an der Bildung eines solchen Theil zu nehmen. Wenn 
solche staatliche Individualrechte als konstitutionelle 
Rechtsverhältnisse in das Verfassungsrecht eines Staats 
aufgenommen sind, wie diess namentlich in den Mon- 
1 Oeffentliche Individualrechte kommen im Staate in sehr 
verschiedener Weise vor. Im Systeme des Staatsrechts können 
aber nur diejenigen in Betracht kommen, durch welche die an 
sich abstrakte Staatsgewalt die persönlichen Organe ihrer Willens- 
äusserung findet. Aber auch hier ist eine grosse Verschiedenheit 
je nach der Art der Verfassung. In manchen Staaten, wie z.B. 
in den meisten Republiken, besteht über das Recht, Organ zu sein, 
selbst eine objektive Rechtsordnung (Gesetz über die Wahl des 
Präsidenten, des Senats u. s. w.), in anderen, wie z.B. in den 
monarchischen, ist es (Recht des Monarchen, Recht der erblichen 
Reichsräthe) wenigstens zum Theil ein für immer in der Rechts- 
sphäre von Individuen lokalisirtes Recht. Sodann giebt es auch 
abgeleitete öffentliche Rechte, wie z. B. das Recht der Staats- 
diener und Beamten, deren Recht erst auf der Vollmacht eines 
anderen staatlich Berechtigten ruht. Eine Theorie dieser politi- 
schen Individualbefugnisse versuchte ich in meiner Schrift über 
öffentliche Rechte.
	        
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