Der Norddeutsche Bund. 245
hauptsächlich um die Frage handle, welcher von den
beiden Grundtypen, der Bundesstaat oder der Staaten-
bund, im einzelnen Falle als ausgeführt gelten müsse.
Gewiss ist diese Vorstellung richtig; nur darf dabei nie
vergessen werden, dass jene beiden Grundtypen eine
feste begriffliche Bestimmung nur bezüglich des inner-
sten Kerns enthalten, dagegen für die weitere Aus-
führung nur wenige entscheidende Motive gewähren.!
So zweifellos nun der ehemalige Deutsche Bund den
Charakter eines Staatenbundes hatte, so gewiss ist es,
dass die Verbindung des Norddeutschen Bundes ein
Bundesstaatsverhältniss darstellt. Denn Dasjenige, was
Letzteres vor Allem kennzeichnet, eine wirkliche Staats-
gewalt und ein in dieser politisch geeinigtes Volk, fällt
in der norddeutschen Bundesverfassung sofort in die
Augen. Der Norddeutsche Bund hat innerhalb der Sphäre
seiner Kompetenz eine wirkliche gesetzgebende Gewalt;
die Beschlüsse seiner gesetzgebenden Organe sind nicht
wie die Beschlüsse des ehemaligen Deutschen Bundes
blosse Einigungen der verbündeten Regierungen, deren
Verbindlichkeit für das Volk erst durch eine partikular-
1 Ueber diese Begriffe im Allgemeinen verweise ich auf die
Bemerkungen in Note 3. zu $. 8. oben und die bekannten Aus-
führungen von Waitz (Grundzüge der Politik 1862 S. 153 flg.).
Eine in vieler Hinsicht tüchtige Arbeit über den Norddeutschen
Bund ist die Schrift: Betrachtungen über die Verfassung des
Norddeutschen Bundes von v. Martitz 1868. Eine gute geschicht-
liche Darstellung giebt sodann Schulze, die Krisis des deutschen
Staatsrechts im Jahre 1866. Leipzig 1867. In mehrfacher Hin-
sicht abweichend von den hier vorgetragenen Prinzipien ist die
neueste Schrift von G. Meier, Grundzüge des Norddeutschen
Bundesrechts 1868.