Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

Der Norddeutsche Bund. 247 
gierungen hat ihre besondere, im Ganzen getrennte 
Sphäre der Wirksamkeit.*) 
So unzweideutig nun auch diese Punkte den Nord- 
deutschen Bund als Bundesstaat kennzeichnen, so er- 
regen doch andere Momente seiner Gestaltung den Ein- 
druck, dass in ihm der Gedanke jener Unionsform in 
einer von der regelmässigen Vorstellung der letzteren 
abweichenden Art zur Ausführung gekommen sei. Geht 
man von der schweizerischen oder nordamerikanischen 
Verfassung als Normaltypen dieser Gattung aus, so er- 
wartet man eme von den Staatsgewalten der Einzel- 
staaten abgelöste und selbständige Organisation der 
Bundesgewalt, an deren Feststellung und Erneuerung 
[*) Gegen diesen Satz hat Laband an verschiedenen Stellen 
seines Buchs wiederholt mit grosser Entschiedenheit polemisirt, in- 
dem er hervorhebt, dass eine solche Trennung der Reichs- und 
Territorialsphären nicht bestehe, dass vielmehr Reich und Einzel- 
staaten in die mannichfachste Verbindung gesetzt seien, die man 
wissenschaftlich nur zu charakterisiren vermöge, wenn man die 
deutsche Staatssouverainetät allein dem Reiche beilege, die Staats- 
gewalt der deutschen Einzelstaaten dagegen als eine in allen Be- 
ziehungen nicht souveraine, ihre Gesetzgebung nur als eine Auto- 
nomie auffasse.. So lebhaft diess auch Laband wiederholt be- 
hauptet, so muss ich es doch auch bei fortgesetzter Erwägung für 
unrichtig halten. Insbesondere hätte die Betrachtung der Militär- 
hoheitsverhältnisse im Reiche keine Analogie für die Beurfheilung 
der übrigen Gebiete der Staatsgewalt bieten sollen. Wenn die 
lebendigen Wechselbeziehungen des Reichs und der Einzelstaaten 
fort und fort neue Berührungspunkte zwischen Beiden schaffen, so 
mag es allerdings oft nicht leicht sein, die rechtlichen Selbständig- 
keitsgränzen zu bestimmen; aber möglich bleibt es auch an diesen 
Punkten immer. Zur Begründung meiner Ansicht muss es aber 
schon ausreichen, wenn man auch nur auf irgend ein Gebiet 
zweifellos souverainer Staatshoheit der Einzelstaaten hinweisen 
kann, als welche es genügt, beispielsweise die innere Verwaltungs- 
organisation und das Gebiet des Schulrechts anzuführen.]
	        
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