Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

Der Norddeutsche Bund. 255 
Der Bundesrath ist das Centralorgan des Bundes, 
in welchem jeder Bundesstaat als solcher nach einem 
seinen Staatskräften entsprechenden Stimmenmaasse für 
die Zwecke des Bundes zur Mitwirkung gelangt (Art. 6.). 
Auch sein Beruf ist so mannichfaltig, dass er sich nicht 
in einer einheitlichen Formel zusammenfassen lässt; 
jedenfalls aber ruht der Schwerpunkt in seinem An- 
theile an der gesetzgebenden Gewalt. Ihm wie dem 
‚Reichstage steht das Recht des Gesetzesvorschlags zu, 
und seine in der Regel nach einfacher Mehrheit (Aus- 
nahme Art. 78.) beschlossene Zustimmung ist neben der 
‚Zustimmung des Reichstags zum Zustandekommen eines 
Bundesgesetzes „erforderlich und ausreichend“ (Art. 5.), 
ausgenommen ın den Fällen, in welchen der Präsidial- 
macht ein Veto zusteht (Art. 5., Abs. 2., und Art. 37.). 
‘Nicht minder hat der Bundesrath, wie der Reichstag, 
zu Verträgen mit auswärtigen Staaten zuzustimmen, 
welche sich auf Gegenstände der gesetzgebenden Gewalt 
des Bundes beziehen (Art. 11.).. Aber darum ist der Bun- 
desrath keineswegs etwa als ein Oberhaus aufzufassen, 
vielmehr hat er in mancher Beziehung den Charakter 
eines höchsten Regierungskollegiums, welches, abgesehen 
von seiner gesetzgeberischen Thätigkeit, in einzelnen 
Fällen direkt zu verfügen hat (Art. 19,b., 37.,2, 38., 39., 
.76.), in anderen nur in Verbindung mit dem Präsidium, 
immer aber mit dem Rechte der Oberaufsicht innerhalb 
der Sphäre der Bundeskompetenz das Erforderliche, 
namentlich mit Hülfe seiner Ausschüsse, vorbereitet. 
Besonders bedeutend ist es, dass der Bundesrath neben 
dem Präsidium auch in der Verfügung einer Auflösung
	        
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