Full text: Grundzüge des Deutschen Staatsrechts.

26 Erster Abschnitt. 
die darin begriffenen deutschen Staaten ein wirklicher 
Bundesstaat geschaffen worden.° Soweit die Kom- 
petenz seiner Bundesgewalt reicht, hat der Machtinhalt 
der Staatsgewalt der einzelnen in ihm verbundenen 
Staaten eine materielle Minderung erfahren; in den ihr 
verbliebenen, jenseits jener Kompetenz liegenden Theilen 
ist sie nach wie vor souverain.! 
3. Die verschiedenen Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt.t 
8. 9. 
Die Staatsgewalt herrscht, indem sie eine den ver- 
schiedenen Ansprüchen ihrer Bestimmung entsprechende 
6 Ueber das Wesen des früheren Norddeutschen Bundes s. die 
Ausführung in der Beilage IV. 
? Für diese Sphäre haben die Einzelstaaten in der That eine 
souveraine Staatsgewalt. Ihre Gesetzgebung ist die Gesetz- 
gebung eines Staats, nicht eine blosse Autonomie, d.h. ein 
blosses korporatives Statutarrecht, in dessen Begriff der Umfang 
und die Freiheit der legislatiren Bewegung, wie sie hier besteht, 
keinen Platz haben würde. Man vergegenwärtige sich nur die 
Behauptung, dass das Königreich Preussen nicht mehr eine gesetz- 
gebende Gewalt, sondern nur noch eine Autonomie hätte! Daran 
ändert auch Nichts der $. 78. der Reichsverfassung mit seiner 
Möglichkeiteiner Veränderung der Kompetenzgränzen. Ebenso 
wenig kann hieran der Umstand etwas ändern, dass nach der 
deutschen Reichsverfassung die Einzelstaaten in manchen Ge- 
bieten die Vollzugsorgane des Reichs und daher der Reichsgewalt 
untergeordnet sind; diese entscheidet nicht für die Gebiete, in 
denen diess nicht der Fall ist. 
1 Es ist hier von den s. g. Hoheitsrechten die Rede. Es ver- 
dient bemerkt zu werden, dass man in einem Theile der Literatur 
der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären diess er- 
worbene Rechte, welche dem daneben noch selbständig gedachten 
Staate als ihrem Rechtssubjekte zukämen. Dahin deutet es auch, 
wenn man von „wesentlichen“ und „unveräusserlichen‘ Hoheits- 
rechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit den e. g. 
„unwesentlichen‘“ und „veräusserlichen‘‘ Hoheitsrechten, insbe-
	        
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