30 Erster Abschnitt.
und Rechtsstellung der richtenden Behörden betreffenden
Rechtssätze gegenüber der verwaltenden Thätigkeit der
Staatsgewalt auf das Bestimmteste ab. Von einer
besonderen oberaufsehenden und vollziehenden
Gewalt in dem Sinne zu reden, dass damit Thätigkeits-
formen bezeichnet würden, welche an selbständiger Be-
deutung den eben hervorgehobenen zwei Grundformen
gleich kämen, ist wenigstens vom Standpunkte der recht-
lichen Betrachtung aus nicht gerechtfertigt, indem die
Ueberwachung aller Interessen des Staatslebens * ebenao
wie die Vollziehung des in Gesetzen oder sonst ausge-
sprochenen Staatswillens, als eine alle Handlungen der
Staatsgewalt begleitende, mithin für sich nicht selbständige
Funktion,5 dem allgemeinen Rechtsprinzipe der Ver-
waltung untergeordnet ist.
4 Auch da, wo die Staatsgewalt irgend ein dem Staatsleben
gar nicht angehörendes Verhältniss, eine fremde Lebenserschei-
nung, ohne die besondere Absicht eines sich daran anknüpfenden
Eingreifens überwacht, erscheint diess als ein Act der verwalten-
den Thätigkeit, z. B. die Aufsicht über die Kirche.
5 Diese Eintheilungen, mit denen sich die staatsrechtliche und
politische Literatur seit alter Zeit beschäftigt, werden so verschie-
den bestimmt, dass es kaum möglich wäre, die einzelnen Ansichten
vollständig aufzuzählen. Man findet fast in jedem Buche über
allgemeines Staatsrecht oder Rechtsphilosophie eine Zusammen-
stellung (z. B. Schilling, Naturrecht, 2. Abth. 1863 S. 123 flg.).
Der hier hervorgehobene Grundgegensatz der gesetzgebenden und
nicht gesetzgebenden Thätigkeit ist auch von Anderen schon
richtig erkannt worden. — Eine besonders bemerkenswerthe An-
sicht ist die, dass die hier unter dem allgemeinen Gesammtnamen
„Verwaltung‘‘ zusammengefasste nicht gesetzgebende und nicht
richterliche Thätigkeit des Staats in eine „regierende“ und
„vollziehende‘ zu scheiden sei (z. B. Martitz, Betracht. über d.
Verf. d. norddeutsch. Bundes 1868 S. 2.). Unter jener soll das-
jenige zu verstehen sein, was der Staat in freier That, also nicht