8. 10. Gränzen der Staatsgewalt. 3
4. Gränzen der Staatsgewalt.
a) Allgemeine Gränzbestimmung.
$. 10.
Die Staatsgewalt ist keine absolute Willensmacht.
Sie soll nur dem Zwecke des Staats dienen, nur für ihn
bestehen. In ihm sind mithin die natürlichen Gränzen
des Gebiets ihrer Wirksamkeit enthalten.” Eine theo-
retische Bestimmung des Staatszwecks? kann sich aber
immer nur in sehr allgemeinen Vorstellungen bewegen,
und nur sehr unbestimmt die Gränze andeuten, bei der
sıch das Gebiet des auf die Vollendung des sittlichen
in blosser Gesetzausführung thut,— Kriegserklärungen, Friedens-
schlüsse, Abschluss von Staatsverträgen, Gründung nützlicher
Anstalten, vielleicht auch Ausübung des Staatsnothrechts. So
gern ich einräume, dass es etwas Anstössiges haben mag, alle
solche Handlungen, in denen sich die ganze Machtfülle des Staats
offenbart, unter dem anspruchslosen Namen „Verwaltung“ zu
begreifen (der freilich mehr nur die Negation der Kennzeichen des
Gesetzgebens und Richtens bezeichnen soll), so fehlt es mir doch
zur Zeit noch an dem Nachweise eines genügenden juristischen
Interesses, jene Thätigkeitsfälle in der angegebenen Weise zu
gruppiren, wogegen ich die Berechtigung solcher Specialisirungen
für andere, als juristische, Staatswissenschaftszwecke bereitwillig
einräume.
1 Darin liegt, dass jede Erstreckung der Staatsgewalt über
ihren sittlichen Zweck und über das ihr angehörende Gebiet
hinaus ein Missbrauch derselben ist. Die Staatsgewalt ist zwar
dynamisch die höchste Gewalt im Volke, aber rechtlich besteht
sie nur innerhalb der Sphäre ihrer Zweckbestimmung, oder m.a&.
W., nur innerhalb des Kreises ihrer rechtlichen Existenz steht der
Staatsgewalt die höchste Macht zur Verfügung. Das Verhältniss
dieser beiden Begriffsmomente wird missverstanden von Wipper-
mann, „über die Natur des Staats‘ 1844, S. 66 fig.
2 Siehe z. B. die Zusammenstellung einer Reihe von Ansichten
bei Schilling, Naturrecht, a.a.O.S.5., und Stahl, Staatslehre,
S. 147 fig. u. 152.