92 Das Strafrecht
einem Jahr und Ehrverlust, wird auch der bloße Versuch, einen
Zeugen zum Meineid zu verleiten, geahndet.
261 Auch die nicht absichtliche, aber fahrlässige Verletzung der Eides—
pflicht (der fahrlässige Falscheid) ist mit strenger Strafe
(Gefängnis) bedroht“, und ebenso die vorsätzliche oder fahrlässige
Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor Gericht oder einer
anderen Behörde.
b. Verbrechen gegen die Religion und die Sittlichkeit.
262 Gott und der Glaube an ihn (die Religion) bedürfen an sich nicht
des Schutzes durch menschliche Satzungen; die Vergehen gegen die
Religion werden daher nur wegen der in ihnen etwa enthaltenen Ver—
letzung des religiösen Gefühls anderer bestraft. So die öffentliche,
andern ein Aergernis gebende Gotteslästerung, die öffentliche
Beschimpfung einer kirchlichen Gemeinschaft oder
ihrer Einrichtungen und Gebräuche, die Verübung beschimpfenden
Unfugs in einer Kirche oder religiösen Versammlung, die
vorsätzliche Verhinderung oder Störung einer gottes-
dienstlichen Handlung und endlich die Zerstörung, Beschä-
digung oder Beschimpfung eines Grabes.
263 Bestraft wird ferner die Unterschiebung oder Verwechs—
lung eines Kindes sowie ähnliche Handlungen, welche eine Ver-
änderung des Familienstandes einer Person herbeiführen.
264, Die Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit bedürfen
hier im einzelnen keiner näheren Erörterung, da gerade auf diesem
Gebiete das innere Gefühl hinreichend deutlich spricht. Doch soll nicht
unterlassen werden der besondere Hinweis darauf, daß das Gesetz die
Jugend gegen unsittliche Angriffe besonders nachdrücklich schützt, in-
seines Verhältnisses (insbesondere Verwandtschaftsverhältnisses) zu der
Person, zu deren Gunsten er die falsche Aussage gemacht hat, berechtigt
gewesen wäre, das Zeugnis zu verweigern, über dieses Recht aber nicht
besonders belehrt worden ist.
Ein wegen Meineids zu Zuchthausstrafe Verurteilter darf nie mehr
als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen werden.
*½ Es kann daher nicht eindringlich genug vor jedem, auch dem leisesten
Versuch, einen Zeugen zu beeinflussen, gewarnt werden. Gar manche haben
schon ein solches, häufig unbedachtes Wort mit ihrem Lebensglück büßen
müssen.
* Wer fahrlässigerweise den Eid verletzt hat, bleibt straflos, sofern
er seine Angaben berichtigt, bevor eine Anzeige gegen ihn erfolgt oder eine
Untersuchung eingeleitet ist, und bevor seine falsche Aussage jemanden
Schaden gebracht hat. Beim Meineid dagegen hat eine solche, nach völliger
Beendigung der Vernehmung erfolgende Berichtigung nur eine mildere
Bestrafung (mit Gefängnis) zur Folge.