Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

IV Vorwort. 
beiden Großmächte um die Vorherrschaft in Deutschland mit 
Blut und Eisen geschlichtet und aus der siegreichen Waffen— 
gemeinschaft der deutschen Stämme das neue Reich hervorgegangen 
war, nahm König Karl den Anforderungen der Zeit entsprechend 
keinen Anstand, auf wichtige verfassungsmäßige Hoheitsrechte zu 
verzichten und dagegen die Mitregierung im neuen großen Reiche 
einzutauschen. Dieses nationale Erbe hat der regierende König 
Wilhelm II. nicht nur als eine geschichtliche Notwendigkeit über- 
kommen, sondern zugleich mit warmem patriotischem Interesse 
übernommen und namentlich durch treue Mitarbeit seiner Re- 
gierung an den Aufgaben des Bundesrats gehegt und gepflegt. 
Auch ist es neuestens seiner Regierung gelungen, den langen 
Streit um eine zeitgemäßere Zusammensetzung der beiden Kammern 
der Ständeversammlung zum Abschluß zu bringen. 
Die vorliegende Erläuterung der Verfassungsurkunde für 
das Königreich Württemberg bezweckt, den Inhalt der Verfassung 
nach seiner Entstehung, seiner geschichtlichen Entwicklung, seinem 
inneren Zusammenhang und seiner jetzigen Geltung zur Dar- 
stellung zu bringen; es soll gezeigt werden, welche Grundsätze 
in die ursprüngliche Verfassungsurkunde aufgenommen worden 
sind, wie diese teils im Wege der Landesgesetzgebung, teils durch 
das Eingreifen der Reichsgesetzgebung fortgebildet und verwirk- 
licht worden sind, und welche Geltung sie heute beanspruchen 
können. Soweit Bestimmungen der Verfassungsurkunde formell 
aufgehoben sind oder sonstwie durch Landesgesetz oder Reichsgesetz 
ihre Geltung verloren haben, sind sie mit lateinischer Schrift 
gedruckt. In einzelnen Fällen läßt sich darüber streiten, ob einem 
verfassungsmäßigen Grundsatz neben den näheren Bestimmungen 
der ordentlichen Gesetzgebung noch eine selbständige Bedeutung 
zukommt; bei der praktischen Unerheblichkeit dieser Streitfrage 
ist sie regelmäßig nicht weiter erörtert. 
Stuttgart, im August 1906. 
Dr. Göz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.