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Artikel 36.
Hat der Unterthan des einen Staates Strafgesetze des anderen Staates Gachut iu
durch solche Handlungen verletzt, welche in dem Staate, dem er angehoͤrt, gat —
nicht mit Strafe bedroht sind, z. B. durch Uebertretung eigenthümlicher Ab-
gabengesete Polizeivorschriften und dergleichen, und welche demnach auch von
iesem Staate nicht bestraft werden können, so soll auf vorgängige Regquisition
zwar nicht zwangsweise der Unterthan vor das Gericht des anderen Staates
gestellt, demselben aber sich selbst zu stellen verstattet werden, damit er sich ge-
gen die Anschuldigungen vertheidigen und gegen das in solchem Falle zulässige
Nommmazialverfahten wahren bönne.
Doch soll, wenn bei Uebertretung eines Abgabengesetzes des einen Staates
dem Unterthan des anderen Staates Waaren in Beschlag genommen worden
sind, die Verurtheilung, sei es im Wege des Kontumazialverfahrens oder sonst,
nur insofern eintreten, als sie sich auf die in Beschlag genommenen Gegen-
stände beschränkt. In Ansehung der Kontravention gegen Zollgesetze bewendet
es bei dem unter den resp. Vereinsstaaten abgeschlossenen Zollkartell.
Artikel 37.
Der zuständige Strafrichter darf auch, soweit die Gesetze seines Landes
es gestatten, über die aus dem Verbrechen entsprungenen Privatanspruche mit
erkennen, wenn darauf von dem Beschädigten angetragen worden ist.
Artikel 38.
Unterthanen des einen Staates, welche wegen Verbrechen, Vergehen oder Auslieferang
Uebertrekungen ihr Vaterland verlassen und in den anderen Staal sich begeben,
haben, ohne daselbst zu Unterthanen aufgenommen worden zu sein, werden nach r*d vom
vorgängiger Requisition gegen Erstattung der Kosten ausgeliefert. 18 est
Januar 1854.)
Artikel 39.
Solche eines Verbrechens, Vergehens oder einer Uebertretung verdäch- —
tige Individuen, welche weder des einen noch des andcren Staates Unterthanen der Auslinder.
sind, werden, wenn sie Strafgesetze des einen der beiden Scaaten verletzt zu
haben beschuldigt sind, demjenigen Staate, in welchem die strafbare Handlung
verübt wurde, auf vorgängige Requisition gegen Erstattung der Kosien ausge-
liefert. Es bleibt jedoch dem requirirten Staate überlassen, ob er dem Aus-
lieferungsantrage Folge geben wolle, bevor er die Regierung des dritten Staa-
tes, welchem der Angeschuldigte angehörr, von dem Antrage in Kenmniß ge-
setzt und deren Erklärung erhalten habe, ob sie den Angeschuldigten zur eigenen
Bestrafung reklamiren wolle.
(Nr. 5466.) Ar-