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Artikel 21.
Die Koͤniglich Preußische Regierung behaͤlt sich das Recht vor, bei jeder
von den im Artikel 1. genannten Eisenbahnen die innerhalb ihres Gebietes von
der Großherzoglich Badischen Regierung hergestellte Bahnsirecke nebst allem zu
derselben zu rechnenden Zubehoͤr nach Verlauf von dreißig Jahren nach dem
vertragsmaͤßigen Endtermine fuͤr die Vollendung der saͤmmtlichen Bahnen
(Artikel 2.) in Folge einer mindestens drei Jahre vorher zu machenden An-
kuͤndigung gegen Erstattung des Anlagekapitals, einschließlich der waͤhrend der
Bauzeit aufgelaufenen vierprozentigen Zinsen, sowie der Kosten fuͤr spaͤtere
Vervollstaͤndigungen und Erweiterungen zu erwerben.
Insofern jedoch zur Zeit der Erwerbung der Zustand der Bahn gegen
die ursprüngliche Anlage sich wesenrlich verschlechtert haben möchte, soll von
dem ursprünglichen Anlagekapital nach einem durch Sachversla#ndige zu beslim-
menden Prozentsatze ein dem dermaligen Zustande entsprechender Abzug ge-
macht werden.
Beide Hohe kontrahirende Regierungen sind übrigens einverstanden, daß,
falls die Königlich Preußische Regierung von dem hier vorbehaltenen Rückkaufs-
recht künftig Gebrauch machen sollte, ungeachtet der Aenderung in den Eigen-
thumsverhältnissen der betreffenden Bahnen nie eine Unterbrechung in dem Be-
triebe auf denselben eintreken, vielmehr wegen Erhaltung eines ungestörren
einheitlichen Betriebes unter Anwendung gleicher Tarifscte und Tarifbeslim=
mungen für die ganze betreffende Bahnlinie zuvor eine den Verhültnissen an-
passende geeignete Verständigung Platz greifen soll.
Artikel 22.
Für den Fall, daß die Großherzoglich Badische Regierung sich veranlaßt
sehen möchte, die im Kbniglich Preußischen Gebiete hergestellten Bahnstrecken
künftig an eine andere Regierung oder an Privatunkernehmer, sei es im Wege
einer Konzession oder der Verdußerung oder Verpachtung, ganz oder theilweise
zu überlassen, so ist hierzu die Zustimmung der Königlich Preußischen Regierung
erforderlich, und wird alsdann über die einer Abänderung bedürfenden Punkte
des gegenwärtigen Vertrages das Nähere zwischen den beiderseitigen Regierungen
verabredet werden.
Artikel 23.
Etwaige aus gegenwärtigem Vertrage oder über die Ausführung desselben
entslehende Streitfragen zwischen den beiden kontrahirenden Regierungen sollen
schiedsrichterlich erledigt werden. Zu diesem Behufe ernennt im vorkommenden
Falle binnen sechs Wochen nach beantragter schiedsrichterlicher Entscheidung
jeder Theil zwei, keinem der beiden Staaten angehörige unpartei#ische Schieds=
männer, welche einen fünften sich beiordnen, unter denen dann die Stimmen=
mehrheit über den Streitpunkt endgültig entscheidet. Können die vier gewählten
Schiedsmänner sich über die Person des fünften nicht einigen, so hat jede der
beiden Regierungen einen unparteüschen, gleichfalls keinem der beiden Staaten
Jahrgang 1865. (Nr. 6176.) 121 an-