102 Heinrich V. (1106 - II25) und der Investiturstreit. I# 147—149.
der Führer seiner Gegner unter den Kardinälen gewesen war, und Verhand-
lungen begannen. Kalixt begab sich nach Frankreich, das jetzt, seit den Kreuz-
zügen foich emporstrebend, des Papstes eifrige Schutzmacht wurde. Zu
Reims wurde ein großes Konzil gehalten, das Fanerecch- König selbst durch
seine Gegenwart verherrlichte. Doch die von hier aus mit Heinrich gepflo-
genen Verhandluugen führten noch zu keinem Resultate; eine persönliche Zu-
sammenkunft des Kaisers und Papstes ward zwar geplant, aber das lang-
jährige Mißtrauen und die Erinnerung an die Gefangennahme Paschalis' II.
ließen sie nicht zustande kommen: Kalixt behielt in Italien, Heinrich in
Deutschland die Oberhand. Beide aber waren trotz mancher Erfolge
doch geneigt, ihre Ansprüche zu mäßigen. Die deutschen Fürsten traten als
Vermittler ein, und endlich ward nach 50jährigem Hader der Investiturstreit
durch das Konkordat von Worms 1122 geschlichtet. Darin verzichtete
der Kaiser auf die Investitur mit Ring und Stab'), erlangte aber das
Recht, daß die Wahl der Bischöfe in seiner oder seines Bevollmächtigten
Gegenwart geschähe, und sie — wenigstens in Deutschland — zuvor mit
dem zu ihrem Stuhl gehörigen Reichsgebiet durch des Kaisers Scepter be-
lehnt würden, ehe sie die Ordination empfingen. Der Keiser hatte also
noch viel behauptet, aber die Bischöfe waren hinfort doch mehr von Rom
als von ihm abhängig, und so fiel die stärkste Stütze des Thrones. —
Heinrich starb zu Utrecht, 1125 ohne Kinder; das Volk, das ihn nie ge-
liebt, sah darin die Vergeltung für seinen Krieg gegen den Vater, dem er
einst die Kindespflicht gebrochen.
§5 148. Das fränkische Herrscherhaus hatte von Heinrich II. ein wieder be-
festigtes Reich überkommen, in welchem freilich die großen Lehen schon erblich
waren; die ersten Herrscher, Konrad II. und Heinrich III., an Größe keinem der
deutschen Kaiser nachstehend, hatten die Königsmacht so gestärkt, daß beide
noch einmal an ein Kaisertum im Sinne Ottos des Großen, ja an eine Art
Weltherrschaft denken konnten. Da kam die Gewalt an ein Kind, und die
zu straff angezogenen Zügel der Herrschaft wurden nun von den Großen
um so schneller zerrissen. Zugleich trat die Kirche als neue Macht auf,
mit Kräften, die besser geordnet waren und tiefer im Sinne der Völker
wurzelten als das Kaisertum, und mit Mitteln, die gewaltiger wirkten als
selbst das Schwert. Im Kampfe mit beiden Mächten, dem Fürsten und der
Kirche, unterlag Heinrich IV., der in seinem Charakter selbst so manche An-
griffspunkte darbot. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts waren alle Lehen
erblich, die Bistümer aus des Kaisers Hand gewunden, und dieser nur
noch auf seine unmittelbare Hausmacht und seine moralische Würde ange-
wiesen. In den Sitten, in der Bildung blieb Deutschland im 11. Jahr-
hundert gegen die eben jetzt geistig erwachenden romanischen Völker zurück.
Erst mußte die große Wirkung der Kreuzzüge sichtbar werden, ehe eine neue
Zeit, die Blüte des Mittelalters, kommen konnte.
D. Berrscher aus dem staufischen Hause.
1. Welfen und Stanfer.“) Lothar von SBSachsen. 1125—1137.
Konrad III. 138—11s52.
& 149. Als die natürlichen Erben des ausgestorbenen fränkischen
Herrscherhauses erschienen die Staufer, die Brüder Friedrich und Kon-
k Sie fiel fortan dem Bischof zu, welcher die Weihung des Gewählten vollzog.
".) Die Stammtafel siehe nebenstehend.