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Ist nach dem Ermessen des Amtsrichters eine genügende Anzahl nach
Absatz 1 und 2 geeigneter Verwandten oder Verschwägerten nicht vorhanden, oder
ist deren Zuziehung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so hat der Amts-
richter den Familienrath durch Zuziehung anderer nach Absatz 2 geeigneter
Personen zu ergänzen.
Die Mitglieder des Familienraths werden nach Anhörung der Betheiligten
und des Ortsvorstandes von dem Amtsrichter berufen und von demselben auf
treue und gewissenhafte Führung ihres Amtes mittelst Handschlags an Eidesstatt
verpflichtet. Ueber Einwendungen gegen ihre Berufung entscheidet der Amtsrichter.
Gegen die Entscheidung des Amtsrichters, welche sämmtlichen Betheiligten
zuzustellen ist, ist binnen einer Frist von einer Woche nach der Zustellung die
Beschwerde an das Landgericht zulässig. Für die Beschwerden sind die Civil-
kammern der Landgerichte zuständig. Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.
C. 17.
Der Familienrath ist nur bei Anwesenheit des Amtsrichters und mindestens
dreier Mitglieder beschlußfähig. Er entscheidet nach Anhörung der Betheiligten
und freier Untersuchung der Sachlage durch Mehrheit der Stimmen der
anwesenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Amts-
richters den Ausschlag.
Die Entscheidung des Familienrathes kann nur angefochten werden, soweit
sie auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Die Anfechtung kann nur durch
Erhebung der Klage erfolgen.
Die Mitglieder des Familienrathes erhalten, außer dem Ersatze ihrer baaren
Auslagen, keine Vergütung.
Die Verhandlungen und Entscheidungen des Familienrathes sind gebühren-
frei. Die entstehenden baaren Auslagen fallen dem Gutsübernehmer und,
falls eine Gutsübernahme nicht stattfindet, den bei der Erbtheilung Betheiligten
zur Last.
KC. 18.
Bei der Bestimmung des Gutsübernehmers ist für den Familienrath die
dauernde einheitliche Erhaltung des Gutes in der Hand eines der Familienglieder
maßgebend.
Erachtet hiernach der Familienrath mehrere der Erben als zur Gutsüber-
nahme geeignet, so ist dem mänmnlichen Geschlechte vor dem weiblichen und
eventuell dem älteren Erben vor dem jüngeren der Vorzug zu geben.
Die Bestimmung des Gutsübernehmers unterbleibt:
1) wenn der Familienrath sich davon überzeugt, daß das Landgut wegen
hoher Verschuldung oder sonstiger Gründe in der Familie nicht erhalten
werden kann;
(Nr. 9224.)