Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1887. (78)

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2) wenn kein Nachkomme des Eigenthümers das Landgut unter den vom 
Familienrathe festgestellten Bedingungen übernehmen will. 
K. 19. 
Der Familienrath bestimmt nach pflichtmäßigem Ermessen den bei der 
Erbtheilung an die Stelle des Landgutes nebst Zubehör tretenden Werth desselben 
unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse dergestalt, daß 
auch hierbei die dauernde Erhaltung des Gutes den ausschlaggebenden Gesichts- 
punkt bildet und soweit, als es dies Interesse erfordert, der Gutsübernehmer vor 
seinen Miterben zu bevorzugen ist. 
Unter dem zu bestimmenden Werthe des Landgutes ist nicht der Verkaufs- 
werth, sondern der Ertragswerth desselben zu verstehen. 
Das Ermessen des Familienraths wird insoweit beschränkt, daß der Werth 
des Landgutes nicht geringer, als der fünfundzwanzigfache, und nicht höher, als 
der fünfundvierzigfache Betrag des jährlichen Grundsteuerreinertrages der zu dem 
Landgute gehörigen Liegenschaften bestimmt werden kann. Bei Imdgüteln f bei 
welchen der Grundsteuerreinertrag geringer ist, als der nach der Gebäudesteuer 
berechnete Nutzungswerth der zu dem Landgute gehörenden Gebäude, oder bei 
welchen diese Gebäude einen besonderen Nutzen durch Vermiethung oder dergleichen 
gewähren, bestimmt der Familienrath den Werth der Grundstücke und Gebäude 
in Gemäßheit der Vorschrift des ersten Absatzes nach freiem Ermessen. 
Soweit die Betheiligten uneinig darüber sind, ob einzelne Gegenstände 
zum Gutsinventar gehören, steht dem Familienrathe die Entscheidung zu. 
g. 20. 
Von dem nach F. 19 festgesetzten Gutswerthe ist der Betrag der auf dem 
Gute ruhenden Hypotheken und Grundschulden, sowie der nach der vermuthlichen 
Lebensdauer des Berechtigten vom Familienrathe nach freiem Ermessen zu be- 
stimmende Werth der von dem Gute zu leistenden Auszugs- und Alimentations- 
verpflichtungen, mit Ausnahme jedoch der im §. 22 erwähnten, abzusetzen. Der 
hiernach verbleibende Betrag bildet den für die Erbtheilung und sonach für die 
Berechnung der Abfindung der Miterben maßgebenden Werth des Landgutes. 
  
S. 21. 
Hat der Eigenthümer eines Landgutes eine Wittwe hinterlassen, mit welcher 
er in Err haft nach althessischem Rechte gelebt hat, so bestimmt 
der Familienrath nach pflichtmäßigem Ermessen unter Berücksichtigung der Leistungs- 
fähigkeit des Gutes und der Vermögensverhältnisse der Wittwe, ob und welcher 
Einsitz und Auszug derselben von dem Gutsübernehmer zu gewähren ist.
	        
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