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(Nr. 9296.) Gesetz zur Abänderung des §. 29 des Gesetzes, betreffend die Verfassung der
Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren, vom ,
(Gesetz Samml. 1880 S. 328). Vom 27. Mai 1888.
Wir Friedrich) von Gottes Gnaden König von Preußen v.
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den gesammten
Umfang der Monarchie, was folgt:
Artikel 1.
Der Absatz 1 des §. 29 des Gesetzes, betreffend die Verfassung der Ver-
waltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren, vom arnisrt5 (Gesetz-
Samml. von 1880 S. 328) wird durch folgende Vorschriften ersetzt:
Will ein Senat des Oberverwaltungsgerichtes in einer Rechtsfrage von
einer früheren Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen,
so ist über die streitige Rechtsfrage die Entscheidung des Plenums des Gerichts-
hofes einzuholen. Dieselbe erfolgt in allen Fällen ohne vorgängige mündliche
Verhandlung. Vor der Entscheidung des Plenums ist jedoch den von den
Ressortministern zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses bestellten Kom-
missarien Gelegenheit zu geben, sich schriftlich über die zur Entscheidung stehende
Rechtsfrage zu äußern.
Die Entscheidung der Rechtsfrage durch das Plenum ist in der zu ent-
scheidenden Sache bindend.
Soweit die Entscheidung der Sache eine vorgängige mündliche Verhandlung
erfordert, erfolgt dieselbe durch den erkennenden Senat auf Grund einer erneuten
mündlichen Verhandlung, zu welcher die Parteien unter Mittheilung der ergangenen
Entscheidung der Rechtsfrage zu laden sind.
Artikel 2.
Dieses Gesetz findet auf alle zur Zeit seines Inkrafttretens noch nicht end-
gültig entschiedenen Sachen Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Königlichen Insiegel.
Gegeben Charlottenburg, den 27. Mai 1888.
(L. S.) Friedrich.
v. Puttkamer. v. Mayhbach. Frhr. v. Lucius. v. Friedberg.
v. Boetticher. v. Goßler. v. Scholz. Gr. v. Bismarck.
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