Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1894. (85)

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Der Angeschuldigte kann sich dabei des Beistandes eines Rechtsanwalts 
oder mit Genehmigung des Konsistoriums, beziehungsweise Landeskonsistoriums 
eines Anderen als Vertheidigers bedienen. - 
Dem Vertheidiger ist die Einsicht der Untersuchungsakten zu gestatten. 
g. 26. 
Das Konsistorium kann auf Antrag oder von Amtswegen die Vernehmung 
von Zeugen und Sachverständigen, sei es durch einen Kommissar oder vor der 
Behörde selbst, sowie die Herbeischaffung anderer Beweismittel anordnen. 
Es beschließt über die Aussetzung der Hauptverhandlung, wenn es eine 
solche für angemessen erachtet. 
G. 27. 
Die Hauptverhandlung ist nicht öffentlich. In derselben giebt zuerst ein 
vom Vorsitzenden der Behörde aus der Zahl ihrer Mitglieder ernannter Bericht- 
erstatter eine Darstellung der Sachlage, wie sie aus den bisherigen Verhandlungen 
hervorgeht. - 
Hierauf erfolgt die Vernehmung des Angeschuldigten, sowie die Vernehmung 
derjenigen Zeugen, deren Ladung zur Hauptverhandlung vom Konsistorium für 
erforderlich erachtet ist, und die Erhebung der sonst erforderlichen Beweise. 
Zum Schlusse werden der Vertreter der Anklage, sowie der Angeschuldigte 
und sein Vertheidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört. Dem An- 
geschuldigten steht das letzte Wort zu. 
g. 28. 
Die Hauptverhandlung findet auch dann statt, wenn der Angeschuldigte nicht 
erschienen ist. Derselbe kann sich durch einen Vertheidiger (F. 25) vertreten lassen. 
Dem Konsistorium steht es jedoch jederzeit zu, das persönliche Erscheinen 
des Angeschuldigten unter der Warnung anzuordnen, daß bei seinem Ausbleiben 
ein Vertreter nicht werde zugelassen werden. 
". 29. 
Bei der Entscheidung hat das Konsistorium nach seiner freien, aus dem 
Inbegriff der Verhandlungen geschöpften Ueberzeugung zu urtheilen, inwieweit 
die Anschuldigung für begründet zu erachten ist. 
Ist die Anschuldigung nicht begründet, so wird der Angeschuldigte frei- 
gesprochen. 
Jhst die Anschuldigung begründet, so kann die Entscheidung auch auf eine 
bloße Ordnungsstrafe lauten. 
Die schriftlich abzufassende Entscheidung wird am Schlusse der Haupt- 
verhandlung oder in einer sofort anzuberaumenden anderweiten Sitzung verkündet. 
Eine Ausfertigung der mit Gründen zu versehenden Entscheidung ist dem 
Angeschuldigten von Amtswegen zuzustellen. 
(r. 9076)
	        
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