VI.
Frankreich.
Anfang Januar. Viele Geistliche werden wegen unbefugten
Messelesens zu Geldstrafen verurteilt; viele Bürgermeister werden
abgesetzt, weil sie Kruzifixe in den Schulen angebracht haben. Viele
Geistliche, die ein Jahr gedient haben, werden zum zweiten Dienst-
jahr einberufen.
2. Januar. Das Gesetz über die Ausführung des Kirchen-
gesetzes tritt in Kraft.
6. Januar. Volkszählung und Vermehrung.
Nach dem vom Handelsministerium veröffentlichten Ergebnis der
letzten Volkszählung vom 4. März 1906 beziffert sich die Bevölkerung
Frankreichs auf 39252267 Seelen. Die Zunahme seit der Volkszählung von
1901 beträgt 290322. In vielen Departements hat die Zahl der Bewohner
abgenommen infolge der Anziehung der ländlichen Bevölkerung durch die
großen Städte. Von dem gesamten Zuwachs von 290322 Seelen entfallen
auf die über 30000 Einwohner zählenden Städte 223072. Im Seine-
departement stieg die Bevölkerung von 3669930 Menschen im Jahre
1901 auf 3848618 im Jahre 1906. Hiervon entfallen auf Paris allein
2763 493; das sind 49325 mehr als im Jahre 1901.
10. Januar. Die Kammer wählt Brisson, der Senat
Dubost zu Präsidenten wieder.
11.|/12. Januar. (Senat.) Finanzlage.
Senator Poincaré legt dar, daß die Budgets der Jahre 1906
und 1907 nur mit Mühe ins Gleichgewicht gebracht werden konnten, daß
es aber jetzt unmöglich sei, ohne Defizit zu wirtschaften, da die Einnahmen
des Staates nicht mit derselben Schnelligkeit wüchsen wie die Ausgaben.
Der Betrag der neuen Steuern bleibe hinter dem der notwendigen Aus-
gaben zurück, und man werde zu einer versteckten Anleihe seine Zuflucht
nehmen müssen. Finanzminister Cailloux führt die schwierige Lage auf
außerordentliche notwendige militärische Ausgaben zurück.
19. Januar. Frankreich und Spanien beschließen den Unter-
zeichnern der Algeciras-Akte eine gleichlautende Note über die Lage
in Marokko zu überreichen (S. 16).