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läuft, so können sie dieselbe der Staatsanwaltschaft überweisen oder zu weiteren Er-
mittelungen schreiten, je nach deren Ergebniß sie entweder einen S. erlassen oder bei
der Staatsanwaltschaft den Antrag auf gerichtliche Verfolgung stellen. Zum Zweck
dieser Ermittelungen, eventuell zur Vorbereitung des S., können sie den Beschuldigten
sowie Zeugen u. s. w. vorladen und vernehmen, nicht aber Zwangsmaßregeln gegen
dieselben anwenden (vgl. jedoch für Preußen § 42 des Gesetzes vom 23. Januar
1838), sondem nur deren Vernehmung durch den Amtsrichter beantragen. Unter
Umständen kann ein S. auch ohne vorgängige Untersuchung und ohne Vernehmung
des Beschuldigten erlassen werden. Ausgeschlossen ist der Erlaß eines solchen, wenn
einer der Beschuldigten verhaftet ist oder wenn die Zuwiderhandlung gegen die Zoll-
oder Steuergesetze mit anderen strafbaren Handlungen zusammentrifft (ogl. Preußen
§ 33 des Gesetzes vom 23. Januar 1888, Mecklenburg § 43). — Giebt die
Staatsanwaltschaft einem auf Strafverfolgung gerichteten Antrag der Verwaltungs-
behörde nicht nach, so kann letztere selbst die Anklage erheben (§ 464 der StrafPO.) —
Der zu erlassende S. muß enthalten: 1) die Straffestsetzung, 2) die Bezeichnung der
strafbaren Handlung, der Beweismittel und des angewendeten Gesetzes, 3) die Er-
öffnung über die zulässigen Rechtsmittel und die Art sie zu benutzen (§ 459
A. 1 u. 2). Landesrechtlich kann noch Weiteres als nothwendiger Bestandtheil eines
S. vorgeschrieben werden, z. B. Benachrichtigung über die Kosten des Verfahrens,
auch Mittheilung der Entscheidungsgründe (vgl. z. B. für Preußen § 98 des Ge-
setzes vom 8. Februar 1819 und § 253 des Anhanges zur allgemeinen Gerichts-
Ordnung). In Preußen ist ferner die Mittheilung an den Angeschuldigten vor-
geschrieben, daß er im Fall der Wiederholung seines Vergehens eine Erhöhung der
Strafe zu erwarten habe (§8 94 des Gesetzes vom Februar 1819, § 45 des Gesetzes
vom 23. Januar 1838). Die Unterlassung dieser Mittheilung zieht der mit der
Publikation beauftragten Behörde eine Ordnungsstrafe von 5—10 Thalern zu. —
Die Mittheilung des S. an den Verurtheilten geschieht entweder mündlich oder durch
schriftliche Zustellung seitens der Verwaltungsbehörde, welche denselben erlassen hat,
oder einer anderen landesrechtlich mit der Bekanntmachung betrauten. — Als Rechts-
mittel gegen den S. find zulässig: a) Die Beschwerde resp. der Rekurs in Preußen,
Württemberg, Baden, Mecklenburg, Bremen und in Bayern,
wenigstens bezüglich der S. im Steuerstrafverfahren. Dieselbe muß an die vor-
gesetzte Verwaltungsbehörde gerichtet werden und schließt den Antrag auf gerichtliche
Entscheidung aus. b) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Für den Fall, daß
von mehreren Verurtheilten verschiedene Rechtsmittel ergriffen würden, ist in
Mecklenburg (§ 70) vorgeschrieben, daß die Entscheidung über die Beschwerde
bis dahin auszusetzen ist, daß entweder der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu-
rückgenommen, oder das gerichtliche Urtheil rechtskräftig geworden ist.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß binnen einer Woche nach der
Bekanntmachung des S. bei der Behörde gestellt werden, welche denselben er-
lassen oder ihn bekannt gemacht hat. Direkte Anbringung bei dem zuständigen
Gericht ist nicht statthaft, weil, wie die Motive sagen (Hahn, S. 289), erfahrungs-
gemäß die Beschuldigten oft über die Zuständigkeit des Gerichtes in Zweifel sind
und durch Anbringung bei unzuständigen Gerichten leicht die achttägige Frist ver-
säumen könnten. Gegen eine etwaige Versäumung ist ein Gesuch um Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zulässig (§ 461), in Betreff dessen dieselben Vorschriften wie beie
der polizeilichen Strafverfügung gelten. Jedoch kann dasselbe nicht beim Gericht,
sondern nur bei den in § 459 genannten Verwaltungsbehörden angebracht werden,
obwol ersterem die Entscheidung über die Annahme oder Verwerfung ausschließlich
zusteht. Ist der Antrag mündlich oder schriftlich bei der zuständigen Verwaltungs-
behörde gestellt, so muß diese ohne weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit oder Recht-
zeitigkeit des Antrages die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes unter Ueber-
sendung der entstandenen Akten davon in Kenntniß setzen. Die örtliche und sachliche