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Vergehen in Frage steht, vor das Kreisgericht, oder wegen dessen Unzuständigkeit vor ein
anderes Kreisgericht, oder weil eine Ueberlretung vorliegt, vor einen Eingelrichter gehörig
sei, oder hält das Kreisgericht dafür, daß die Sache vor das Geschwornengerichl, oder
vor ein anderes Kreisgericht, oder vor einen Einzelrichter gehöre, so ist dieses auszusprechen
und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.
Verweisungen durch die Anklagekammer an die dem Appellations-Gerichte unterge-
ordneten Kreisgerichte oder Einzelrichter binden diese, und Verweisungen der Kreiogerichle
an die ihnen untergeordneten Einzelrichter binden ebenfalls diese letzteren. Bei anderen
Verweisungen ist erforderlichen Fallcs der Streit über die Zuständigkeit nach Arlikel 63
zu erledigen.
Die Verweisung wegen Nichlzusländigkeit hat keine Nichtigkeit der bisherigen Vor-
untersuchung zur Solge, vielmehr hat das Gericht, au welches verwiesen worden ist, auf
dem Grunde derselben weiter zu verfahren.
Sind mehrere Verbrechen Gegenstand der Voruntersuchung, und ist das Geschwor.
nengericht rücksichtlich cines oder mehrerer, rücksichtlich anderer das Areisgericht oder ein
Einzelrichter zuständig, ingleichen, wenn das Kreisgericht rcsichuih einzelner, und rück-
sichtlich anderer ein (einzelrichter zuständig ist, soll die Zuständigkeit des höheren Gerichtes
auch auf diejenigen Verbrechen erstreckt werden, welche eigentlich vor den niederen Richter
gehörig sind, und cs soll daher eine theilweise Venveisung der Sache vor einen niederen
Richler nicht eintreten. Ausgenommen sind jedoch hiervon diejenigen Jälle, in welchen
schon nach dem zweiten und dritten Absatze des Artikel 56 eine Erstreckung des Gerichts-
standes ausgeschlossen ist.
Art. 198. Findet die Anklagekammer oder das Kreisgericht, daß die in dem An-
trage oder der Anklageschrift angeführte That durch kein Strafgesetz verbolen ist, oder
daß der Staatsanwalt ohne den erforderlich gewesenen Antrag eines Betheiligten, oder
umgekehrt ein Privat-Ankläger an der Stelle des Staatbanwaltes aufgetreten ist, wo nur
lebterer hätte austreten können, oder daß es an Beweiemikteln fehlt, um den Angeschul-
digten für dringend verdächtig halten zu können, oder daß dieser in Folge unzweifelhafter
Thatsachen als straflos erscheint, so ist die Entscheidung zu geben: daß der Angeschuldigte
nicht in den Anklagestand zu versetzen sei.
Die Entscheidung kann von der Bedingung abhängig gemacht werden, daß zuvor
Zeugen, welche zu Gunsten des Angeschuldigten ausgesagt haben, ihre Aussagen eidlich
bekräftigen. Dann hat der Untersuchungörichter die Entscheidung ast, nach erfolgter Ver-
eidung dem Angeschuldigten bekannt zu machen. Kann die Vereidung nicht erfolgen,
oder ändern die Zeugen ihre früheren Aussagen: so ist eine anderweite Entscheidung
einzuholen.
Isl bei einem abwesenden Angeschuldigten zu vermuthen, daß im Falle seiner Wie-
dererlangung der gegen ihn streilende Verdacht sich erhöhen werde, so kann slatt der
Entscheidung, daß der Angeschuldigle nicht in den Anklagestand zu versetzen sei, beschlossen
werden, daß die Sache bis zur Wiedererlangung des Angeschuldigten auf sich beruhen solle.